Pesic plant das Siegen, ohne zu treffen

■ Berlin hat seine Basketballtage: Nach dem problemlosen Europaligasieg von Alba über Charleroi geben sich heute die NBA-Teams Indiana Pacers und Seattle SuperSonics die Ehre

Berlin (taz) – Heute ist Freitag, und also sehen wir uns heute wieder. Das hat zumindest der Hallensprecher in der Max-Schmeling- Halle nach dem 94:73-Europaligasieg von Alba Berlin über Spirou Charleroi behauptet. Berlin hat nämlich gerade so etwas wie seine Basketballtage. Die NBA ist in der Stadt und bewirbt mit ihrer „Europe Tour '96“ das nordamerikanische Hochqualitätsprodukt. Heute abend spielen in der Deutschlandhalle die Indiana Pacers gegen die Seattle SuperSonics. Es wäre übertrieben zu behaupten, daß die Luft in der Stadt deswegen vibrierte. Aber die Halle hätte man mehr als einmal ausverkaufen können, und seit der Ankunft der Helden am Mittwoch abend scharen sich dank meisterhafter Vorarbeit der NBA- Logistiker alle paar Stunden Pulks, insbesondere um den Seattle-Spieler Detlef Schrempf.

Det selber war nicht da, aber der Trainerstab beider NBA-Teams hat sich auch in der Schmeling- Halle umgeschaut, wo Alba-Manager Marco Baldi eben an einer schwierigen Sache werkelt. Feiertag ist kein Problem in Berlin, das weiß man vom Fußball. Doch der letzte Vorrundenspieltag der Europaliga, noch dazu gegen die namenlosen Belgier, das hatte schon etwas von Alltag. Braucht bloß noch einer Baldi komisch kommen, mit der Frage nach „Tiefpunkten“ im bisherigen Saisonverlauf, dann wird der resolut. „Bevor hier Tristesse ausbricht“, sagte er und verwies nur darauf, man sei immerhin und bitte schön „ungeschlagen Tabellenführer“. Der Bundesliga, nämlich. Das muß man sagen, bevor die Leut' auf die Idee kommen möchten, das als selbstverständlich vorauszusetzen.

Immerhin 5.000 Leute wollten den problemlosen Pflichtsieg gegen Charleroi sehen, mit dem nun auch die Lage in der Europaliga wieder freundlicher ausschaut. Vier von sechs Teams kommen ins Achtelfinale. Mit 2:3 Siegen ist nichts verloren. Die „beste Qualität“ in Gruppe B hat Alba-Headcoach Svetislav Pesic bei Cibona Zagreb erkannt, das nun allerdings von Bologna von der Spitze gestoßen wurde. „Wir“ glaubt Pesic nach den Erkenntnissen der Hinrunde, „sind auf einer Stufe mit Madrid, Bologna und Piräus.“

Pesic ist noch immer mit Verve dabei, seinem Team die perfekte Verteidigung beizubringen. „Manche“, sagt er, „glauben Basketball sei nur blobb“ – er macht einen Wurf zum Korb vor –, „aber Basketball ist mehr.“ Eine „großartige Defense“ hat Spirou-Trainer Giovanni Bozzi dem Kollegen bescheinigt. Zumindest war sie so stark, daß er schon früh im Spiel sein gewohntes Engagement an der Linie aufgab und sich damit begnügte, weise zu lächeln. Derweil hatte Alba auch nach Bozzis Wechsel von Mann- zu Zonendeckung konstant getroffen, wobei sich Alexis (19), Rödl (17), Obradovic und Harnisch (14) hervortaten.

Selbstverständlich ist es „immer besser, wenn man trifft“ (Pesic), aber bei der knappen Niederlage in Bologna traf Alba nicht, und der Trainer meint, man hätte trotzdem gewinnen müssen, „wenn das andere besser gewesen wäre“. Es ist ja auch so, daß sich das Team neu formiert hat, mit Center Sascha Hupmann (für Behnke) und Wendell Alexis und Henning Harnisch (für Alibegovic) ausgeglichener wirkt, aber noch ohne exakte Festlegung der Leistungsgrenzen.

Gewinnen, auch wenn es mit dem Treffen mal hapert, das ist es, woran Pesic nun in der dreiwöchigen Europaliga-Pause weiter arbeiten wird. In der Bundesliga klappt das schon, zuletzt wurde das bewiesen beim 82:80 in Braunschweig. Am Samstag kommt Ulm. Das ist sozusagen Berliner Alltag, einen Tag nach dem NBA- Spektakel. Macht aber nichts. Auch da sind wir übrigens alle wieder dabei. Hat zumindest der Hallensprecher gesagt. Peter Unfried