Wie du mir, geb ich dir

Hamburg setzt sich im Bundesrat durch: Designerdrogen-Verbot nur zum Preis von „Take-home-Methadon“ und Apothekenabgabe  ■ Von Silke Mertins

Die bittere Pille für Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) kam aus Hamburg: Nach zähen Verhandlungen mit den anderen SPD-geführten Bundesländern gelang dem Drogenbeaufragten der Hansestadt, Horst Bossong, ein Coup, der das Hamburger Methadonprogramm endlich auf gesetzlich abgesicherte Füße stellt. Gestern beschloß der Bundesrat, das dauerhafte und von Seehofer verpennte Verbot von vier Designerdrogen – darunter Ecstasy und Speed – mit der Liberalisierung der Methadonabgabe und Zulassung von Cannabis als Schmerzmittel zu verbinden.

„Mit dem Beschluß hat sich die Linie der drogenpolitischen Vernunft durchgesetzt“, freut sich Bossong über seinen Verhandlungserfolg. Nicht alle SPD-geführten Länder waren sofort bereit, aus Seehofers Dilemma bei den seit Ende September versehentlich legal gewordenen „Glückspillen“ drogenpolitisches Kapital zu schlagen und Hamburgs Antrag zuzustimmen. Nun sitzt Seehofer in der Klemme: Schluckt er die bittere Medizin, sprich: das ganze Reformpaket inklusive Methadon und Cannabis, oder versucht er, den Bundesrat zu umgehen? Ob letzteres überhaupt möglich ist, will Hamburg prüfen lassen.

Stimmt Seehofer den Bundesrats-Beschluß zähneknirschend zu, wären nicht nur die Designerdrogen alsbald verboten, sondern auch die Methadonsubstitution von vielen Unsinnigkeiten befreit. Beispielsweise wird zwar schon seit geraumer Zeit Methadon auch in Hamburger Apotheken verabreicht, doch fehlte bisher die „betäubungsmittelrechtliche Absicherung“, so Bossong.

Außerdem würden die Möglichkeiten des „Take-Home-Methadons“ erweitert. Bisher konnten Ärzte stabilisierten PatientInnen erst nach einem Jahr und nur für drei Tage – in der Regel übers Wochenende – Methadon mitgeben. Nach neuer Gesetzeslage wäre dies schon nach einem halben Jahr und für sieben Tage möglich. „Das kommt besonders den Substituierten zugute, die sich wieder beruflich integrieren wollen“, erläutert der Drogenbeauftragte. Für Take-Homes müßte zudem nicht mehr die Genehmigung der Landesgesundheitsbehörde eingeholt werden; eine einfache Mitteilung reicht dann. Auch der Weg für Urlaubsreisen wäre frei: Ärzte dürften den Ersatzstoff für die Dauer des Auslandsaufenthalts verschreiben. In der Vergangenheit mußten die Ex-Junkies auf das – gesundheitlich bedenklichere – Codein umgestellt werden. Überhaupt würden die Länder – so Seehofer zustimmt – nicht mehr an der langen Leine derBundesverordnungen geführt, sondern hätten einen „größeren Spielraum“ für eigene Richtlinien.

Siehe auch Bericht Seite 1