Wie die Vulkan-Krise 1988 debattiert wurde

■ Ganz aktuell lesen sich scheinbar vergilbte Papiere: Nach der Werften-Krise 1983 beschäftigte die Vulkan-Krise 1988 den Senat und die Bürgerschaft - 400 Millionen Mark aus der Staatskasse oder tausende Arbeitslose?

In den vergangenen Jahren schien der Bremer Vulkan-Konzern einen atemberaubenden Aufstieg zu nehmen und dann kam, 1995 im Sommer, der überraschende Zusammenbruch: Die Banken wollten nicht mehr. So sieht es aus, aber diese Sicht ist vordergründig.

Schon als 1983 in Bremen Schiffbaukapazitäten abgebaut werden mußten, haben viele damit gerechnet, daß nicht die modernere AG-“Weser“ geschlossen wird, sondern der technisch veraltete Bremer Vulkan. Aber es traf die AG-“Weser“.

Der dann gegründete Bremer Werftenverbund war ein Gesundschrumpfen auf Staatskosten, und schon fünf Jahre nach der Schließung der AG-„Weser“ kam die erste tiefgreifende Vulkan-Krise, bei der auch darüber nachgedacht wurde, ob Bremen sich nicht weigern müsse, die enormen staatlichen Subventionen weiter zu leisten – mit der Folge der Schließung der Vegesacker Werft. Die damalige Debatte gleicht der heutigen fatal: Ein kleines Bundesland, das mit 950 Millionen beim Vulkan engagiert war und unter Zugzwang stand, neues Geld zu geben, um das alte nicht vollends zu verlieren; der Hinweis auf die mangelnde Produktivität der Werft, die Aufträge mit erheblichen verdeckten staatlichen Subventionen „kaufte“; und das Versprechen, daß es um ein „Zukunftskonzept“ des Vulkan gehe – nur so nämlich ließ sich der staatliche Geldfluß öffentlich rechtfertigen. 400 Millionen gab damals Bremen noch einmal auf einen Schlag dazu. Bis 1992 würde das reichen, versprachen Senatsmitglieder intern. Der Senat konnten nicht wissen, daß die Treuhand die Jahre 1992-1995 mit hunderten von Millionen „Ost-Subventionen“ überbrücken würde. So reichte es bis 1995.

Ganz offensichtlich „regierte“ aber Werftchef Friedrich Hennemann den Konzern wie ein sozialdemokratisches Staatsunternehmen: Solange die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat zu ihm stand, konnte ihm nichts passieren, also passierte den Arbeitnehmern im Konzern nichts: Keine Modernisierung, keine „lean production“, kein Druck auf die Arbeitnehmer, mit Lohneinbußen zur Sanierung ihres Betriebes beizutragen. Das alles gab es dann nach Anmeldung des Konkurses. Das zweite Standbein Hennemanns war die blinde staatliche Unterstützung seiner Unternehmenspolitik. Der damalige Wirtschaftssenator Uwe Beckmeyer schwadronierte zwar 1988 vom„Zukunftskonzept“ des Vulkan-Verbundes, um die Hergabe von 400 Millionen zu rechtfertigen – aber niemals in den Jahren danach hat es irgend eine Art von Kontrolle gegeben, ob etwas von solch einem Konzept umgesetzt würde und ob dieses „Konzept“ mehr war als eine Sonntagsrede zur Ablenkung von willfährigen Politikern. Im Hause des Wirtschaftssenators ist kein einziger Beamter angestellt, der mit Fachkenntnis regelmäßig darüber berichtet hätte, was denn mit den staatlichen Geldern beim Vulkan veranstaltet wird – immerhin über die dreizehn Jahre seit 1983 fast zwei Milliarden Investition des Landes.

Erfolgskontrolle gibt es nicht in der bremische Wirtschaftsförderung, deshalb hat aus der 1988' er Krise niemand gelernt. Wer die Reden von 1988 liest, dem müssen die Reden von 1996 sehr bekannt vorkommen. Klaus Wolschner