CDU kämpft für Landser-Ehre

■ Christdemokraten gegen Ausstellung über Wehrmachtsverbrechen

ie Ausstellung „Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944“ aus dem von Philipp Reemtsma gegründeten Hamburger Institut für Sozialforschung soll im Mai –97 in Bremen in der Unteren Rathaushalle gezeigt werden. So sahen es bisher die Planungen der Veranstalter, der Landeszentrale für politische Bildung und des Vereins „Erinnern für die Zukunft“, vor. Ein breit angelegtes Programm, unter Beteiligung vieler Bildungseinrichtungen, Initiativen und der Bundeswehr sollte unter dem Motto „Krieg & Frieden in unserer Zeit“ die Ausstellung begleiten. Die Veranstalter wollen eine öffentliche Diskussion zur historischen Aufarbeitung von Wehrmachtsverbrechen anregen sowie aktuelle Fragen von Krieg und Frieden thematisieren. Das wiederum ruft die CDU auf den Plan. Sie will erstens die Ausstellung in Bremen verhindern, weil sie zu einseitig sei und ist zweitens dagegen, daß sie ins Rathaus geholt wird. „Es kann doch nicht sein, daß die CDU sich in die staatliche Bildungsarbeit parteipolitisch einmischt. Das ist Zensur,“ kritisiert der Grünen-Abgeordnete Martin Thomas. Die Auseinandersetzung mit der Wehrmacht sei sicherlich besonders für die ältere Generation aufwühlend, aber eine kontroverse. Diskussion sei besser als gar keine, so Thomas.

Auf einer Fachtagung sollen außerdem prominente Befürworter und Gegner zu Wort kommen. Angefragt ist u.a. der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Altenburg. Die taz hat mit ihm gesprochen.

taz: CDU-Kreise werfen der Wehrmachtsausstellung Einseitigkeit vor. Wie lautet Ihre Einschätzung?

Wolfgang Altenburg: Ich denke auch, daß diese Ausstellung sehr einseitig ist, weil sie zu wenig differenziert. In der Wehrmacht haben 17 Millionen Menschen gedient, viele davon unter Zwang.

Die Austellung vermittelt den Eindruck, als wenn alle gleichsam schuldig sind. Aber man kann sie nicht verbieten, denn zu unserem demokratischen Spektrum gehört, daß ein Verein eine Ausstellung dieser Art zeigen kann. Und ich begrüße, daß um die Ausstellung herum Möglichkeiten der Auseinandersetzung geschaffen werden.

Sie sind als Gastreferent angefragt worden. Welche Position wollen Sie dort vertreten?

Für diese Veranstaltung bin ich sehr dankbar, weil sie Raum zur Differenzierung läßt. Ich stelle mich nicht hin und sage: Die Wehrmacht ist nicht schuldig gewesen. Aber ich diffamiere deshalb nicht viele Millionen Menschen als schuldig. Viele leiden jahrzehntelang darunter, daß sie in der Wehrmacht waren. Aber andere sind schuldig geworden, das ging bis in die höchsten Ränge. Aber nur weil es die gegeben hat, zu sagen „die“ Wehrmacht ist schuldig, das wäre einseitig.

Was ist mit den Schuldigen?

Die sind teils zur Rechenschaft gezogen worden oder müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

Was sagen Sie zu dem Vorwurf, daß die Ausstellung die Bundeswehr diskreditiert?

Es ist leider so, daß diejenigen, die die Ausstellung verantworten, sagen, daß die Bundeswehr nahtlos an die Wehrmacht anknüpft. Sie machen das fest an einigen Kasernen, die nach SS-Leuten benannt waren. Die sind aber umbenannt worden. Die Mitdiffamierung ist ein zusätzlicher Effekt, aber vermutlich nicht die erste Intention der Ausstellung. Das erste Ziel ist die Wehrmacht, die aber pauschal diffamiert wird.

Die taz sprach außerdem mit dem Bremer Standortältesten Oberst Dirk v. Grone:

taz: Ist eine öffentliche Diskussion über die Rolle der Wehrmacht und über aktuelle Friedensfragen nicht auch im Interesse der Bundeswehr?

Oberst Dirk v. Grone: Die Bundeswehr hat keinen Klärungsbedarf. Ohne Zweifel hat es in der Werhmacht schwere Verbrechen gegeben. Die Bundeswehr hat in ihrem Traditionserlaß eindeutig Position bezogen: Keine institutionelle Traditionsübernahme von der Wehrmacht auf die Bundeswehr. Die Landeszentrale hat versucht, die Bundeswehr zur Kooperation zu gewinnen.

Ich stehe mit Herrn Wulfekuhl in Verbindung. Er hat uns im November 1995 davon in Kenntnis gesetzt. Wir sind aber im Einvernehmen, wie Gentlemen, auseinander gegangen. Er weiß auch, daß ich die Ausstellung nicht unterstüzte.

Werden Sie sich als Gast an den Veranstaltungen beteiligen? Wenn die Ausstellung kommt, werde ich mich nicht verweigern. Ob ich nun zu jeder Diskussion gehe, das hängt von der einladenden Gruppe ab. Würden Sie es begrüßen, wenn die Wehrmachtsausstellung in Bremen verhindert wird?

Die Bundeswehr hat keine Stellung dazu zu nehmen. Ich bin zwar gefragt worden, was ich davon halte, aber es hat keine offizielle Anfrage einer Partei oder des Senats an mich gegeben. Für uns ist es auch wichtig, wer die Ausstellung macht. Kommt sie von einem wissenschaftlichen Institut oder von einem Verein. Und das Institut für Sozialforschung ist nicht wissenschaftlich.

Sprechen Sie dem Institut deshalb seine Seriosität ab?

Es ist keine wissenschaftliche Einrichtung. Ein historisches Universitätsinstitut halte ich für seriöser. Fragen: Beate Hoffmann