Ein rosarotes Wochenende

■ Frauen reisen anders als Männer, haben andere Bedürfnisse. In Salzburg versucht ein Tourismusprojekt, dem kleinen Unterschied auf Reisen gerecht zu werden

Das Kinn majestätisch erhoben, den Kopf leicht zur Seite geneigt, blickt Inge mit geschlossenen Augen in sechs weibliche Augenpaare. Erwartungsvolle Stille legt sich über das kleine Atelier. Ein prall mit Puder bestäubter Pinsel gleitet über Inges Gesicht, läßt langsam, aber beharrlich jede Sommersprosse unter einem Pudermantel verschwinden. „Den Abschluß bildet das Rouge“, doziert die Personal Stylistin Regina Kotzmaier, „es schmälert das Gesicht und verhindert, daß das Make-up maskenhaft wirkt“.

Inge ist das Versuchskaninchen, an ihr zeigt uns die Personal Stylistin das ultimative „Fünf-Minuten- Make-up“. Obwohl die Prozedur durch Inges beharrlichen Wunsch, ihre Metamorphose mittels einer Kamera dokumentarisch festzuhalten, die Fünfminutenmarke überschreitet, bestätigt das Ergebnis die These der Stylistin, so ein bißchen Make-up steigere einfach das weibliche Wohlbefinden: zufrieden lächelnd sitzt die Metamorphosierte auf ihrem Stuhl, ihre Wangen sind mit einem freudigen Rosa überzogen.

Die Farbe Rosa in ihren Variationen Altrosa, Schweinchenrosa und Zartrosa zieht sich wie ein roter Faden durch unser Wochenende in der Mozartstadt Salzburg – ob in Form von Bettwäsche, Vorhängen, Servietten oder der Himbeersoße der legendären Salzburger Nockerln alles rosarot. Auffällig. Handelt es sich bei dieser Farbe doch um die dem weiblichen Teil der Menschheit zugedachte. Und genau für diesen Teil ist das Wochenende konzipiert. „Zufall“, lacht Isabella Klien, Initiatorin des Salzburger Tourismusprojektes „Frauen reisen anders“, „oder vielmehr der Hang der Salzburger zu traditionellen Farben“.

Später in der Residenzgalerie erklärt uns die Kunsthistorikern Gabriele Goschner den Hintergrund, der den kleinen Unterschied manfestierenden Hellblau/ Rosa-Tradition: „Rosa ist eine Farbnuance von Rot. Rot: das Blut. Geburt und Tod – das Weibliche. Das Blau ist die Farbe des Himmels: Geist und Verstand.“ Sechs Frauenherzen winseln entsetzt: natürlich von Männern erdacht, diese Farbinterpretation. Frauendarstellungen aus drei Jahrhunderten zeigt uns die Kunsthistorikerin, erläutert uns engagiert, wie diese Bilder ein durch Jahrhunderte geprägtes weibliches Rollenverhalten vor Augen führen. Und vor allem das Bild des Mannes von der Frau. Sind doch durchweg alle Bilder von Männer gemalt. Sechs Frauen seufzen resigniert. Rosa ist der Mantel, der Salome Alts Körper dürftig umhüllt. Salome Alt: die Geliebte des barocken Salzburger Erzbischofs Wolf Dietrich. Als Maria mit Jesuskind hat sie der windige Gottesmann malen lassen. Geschickt. Hatte er so doch bei jedem Gottesdienst ihr Bild vor Augen.

Überhaupt. Hinter jedem berühmten Mann der Stadt eine starke Frau. Und Salzburg ist ja bekanntlich gesegnet mit männlichen Berühmtheiten. Mann bedenke: Karajan, Mozart ... und wer hat dazu beigetragen, daß ihre Namen in jedermanns Munde ...? Eben. „Erst seine Frau Constanze hat den weltweiten Ruhm Mozarts begründet. Nach Mozarts Tod war sie in finanziellen Schwierigkeiten und hat deshalb seine Werke vermehrt publiziert und verkauft“, erzählt uns die Stadtführerin Renate Bauer aus der „Geschichte der Salzburger Weibersleut“. In ihre Führung durch „die andere Geschichte“ von Salzburg läßt sie vergnügliche Anekdötchen zwischengeschlechtlicher Art einfließen. Das in Wolferls und Constanzes Zeiten beliebte Gesellschaftsvergnügen des „Waderlmessens“ beispielsweise. Basierend auf der Annahme, die Größe der Waden einer Dame wäre direkt proportional zu ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit. Sechs Damen blicken entsetzt auf ihre Waden.

Frauenspezifische Stadt- und Museumsführungen, ein auf weibliche Interessengebiete abgestimmtes Veranstaltungsangebot (wie Atelierbesuche bei Künstlerinnen und Frauenliteraturveranstaltungen) und frauengerechte Hotels sind die Bausteine des Salzburger „Frauen reisen anders – Best for Ladies“-Projektes.

In meinem Hotelbadezimmer liegen Tampons und Binden bereit, ein Fön liegt auf der Ablage, ein Bügeleisen auf der Truhe. Ein Ganzkörperspiegel in der Mitte des Zimmers. An meiner Hotelzimmertür ist eine Sicherheitskette. Eine Mitreisende bestätigt das Sicherheitskonzept: „Ich bin so froh über die Kette. Ich dachte mir schon: na, dann stell' ich mir einen Stuhl davor.“ Zugegeben: auch ich bin froh über die Kette. „Die Ängste von Frauen sitzen tief. Deshalb keine ebenerdigen Zimmer, nur hell erleuchtete Gänge, auf Wunsch weiblicher Zimmerservice“, erläutert Isabella Klien das Sicherheitskonzept.

In ihrem „Best for Ladies“ setzten die beiden Salzburgerinnen Isabella Klien und Paula Koppensteiner ihre Vorstellungen um: ein Reiseangebot von Frauen für Frauen. Am Morgen erhalte ich eine Einstimmungsmassage. Natürlich von einer Frau. Der Bezug ihrer Massageliege ist hellblau. Ira Wehner

Kontaktadresse:

Dr. Isabella Klien, Arge CM „Best for Ladies“,

Tel. 0043/662/4387094.

Informationen und Buchungen:

Salzburger Landesreisebüro, Frau Heindel, Tel. 0043/662/846846.