Bolivianische Silbermine verseucht Flüsse

■ Wird die Katastrophe hochgespielt, um dem Präsidenten zu schaden?

München (taz) – Im bolivianischen Departement Tarija im äußersten Süden des Landes ist am Donnerstag wegen der Verseuchung eines Flusses der Notstand ausgerufen worden. Schon seit mehreren Wochen werden nach einem Dammbruch aus dem Rückhaltebecken eines Silberbergwerks große Mengen Schadstoffe freigesetzt.

Bedroht ist der Pilcomayo, einer der größten Zuflüsse des aus dem Paraguay, dem Paraná und dem Rio de la Plata bestehenden Flußsystems, das Südamerika durchzieht. Bereits seit Anfang September sollen aufgrund des Dammbruches täglich große Mengen an Schwermetall in die Zuflüsse des Pilcomayo gelangt sein. Schätzungen sprechen von 230.000 bis 330.000 Tonnen an Giftrückständen, darunter Blei und Arsen.

Der Pilcomayo bildet – bevor er bei Asunción in den Paraguay mündet – über mehr als 600 Kilometer lang die Grenze zwischen Argentinien und Paraguay. Der Dammbruch in der Porco-Silbermine könnte also auch internationale Umweltschäden nach sich ziehen. Experten der Universität der Departementshauptstadt Tarija bewerteten das Unglück inzwischen sogar schon als die „größte Umweltkatastrophe Lateinamerikas“.

Dies wird allerdings von anderen bolivianischen Beobachtern als Übertreibung bezeichnet, die dazu dienen solle, dem bolivianischen Präsidenten Gonzalo Sanchez de Losada politisch zu schaden. Der Bürgermeister von Tarija gehört einer Partei der Opposition an.

Tatsache ist, daß Sanchez de Losada über die Firma Comsur Miteigentümer der Silbermine ist – auch wenn seine Tätigkeit für die Firma während seiner Amtszeit als Präsident ruht. Die paraguayische Zeitung ABC hat der bolivianischen Regierung vorgeworfen, sie unternehme aus diesem Grunde nichts gegen die Verseuchung des Pilcomayo und der stromabwärts gelegenen Flüsse.

Nach Informationen der taz hat Comsur inzwischen auf Drängen des bolivianischen Umweltministers Moises Jarmusz Entschädigungen für die von der Verseuchung Betroffenen in Aussicht gestellt.

Präsident Sanchez de Losada, privat einer der reichsten Minenbesitzer Boliviens, befindet sich derzeit auf Staatsbesuch in Deutschland. Obwohl das Unglück in der Porco-Mine bereits seit Wochen bekannt ist und in der bolivianischen Presse täglich diskutiert wird, sah sich die bolivianische Botschaft in Bonn am Freitag nicht in der Lage, eine offizielle Erklärung zu den Vorfällen abzugeben. Man warte noch auf eine offizielle Bestätigung des bolivianischen Außenministeriums, hieß es. Thomas Pampuch