Bundesgesundheitsminister in der Ecstasy-Falle

■ Bundesratsbeschluß: Ein Verbot der Designerdroge gibt's nur im Kombi-Pack mit Methadon-Liberalisierung und der Legalisierung von Cannabis als Schmerzmittel

Hamburg (taz) – Die SPD-Mehrheit im Bundesrat hat gestern die drogenpolitische Misere von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) in Sachen Designerdrogen für eine kleine Erpressung genutzt. Nachdem Seehofer ein Verbot des in Technokreisen beliebten Ecstasy bisher terminlich verschwitzt hat, stimmte der Bundesrat gestern einem Antrag des Stadtstaates Hamburg zu, einem Verbot nur im Reformpaket zuzustimmen. Mit im Paket ist jetzt auch die Reform der für die Methadon-Behandlung und die Cannabis- Schmerztherapie maßgebliche Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung.

Damit könnte das in Deutschland verbotene, in den USA aber bereits mit großem Erfolg angewandte Arzneimittel Marinol, das aus synthetisch hergestelltem Cannabinol besteht, für die Behandlung von Krebs- und Aidskranken auch hierzulande zugelassen werden. Außerdem sieht der Bundesratsbeschluß Erleichterungen bei der Methadonsubstitution vor, zum Beispiel die kontrollierte Abgabe von Methadon auch in Apotheken. Damit sitzt Seehofer nun in der Ecstasy-Falle: Entweder er stimmt dem Paket zu, dann kann das dauerhafte Designerdrogenverbot sofort in Kraft treten. Oder er setzt den Bundesratsbeschluß nicht um, dann bleiben Ecstasy, Speed und andere Pillen legal.

Seehofer warf der SPD gestern Blockadepolitik vor: Sie wolle ein falsches drogenpolitisches Signal geben. Er kündigte deshalb an, eine neue Gesetzesinitiative zu starten, die die vier Substanzen – ohne die Beteiligung des Bundesrates – dem Betäubungsmittelgesetz statt dem Arzneimittelrecht unterstellt. Ob das aber geht, bezweifeln Rechtsexperten der Länder und wollen die Möglichkeiten übers Wochenende prüfen.

Bisher waren die Designerdrogen in einem „rechtsfreien Raum“, so der Hamburger Drogenbeauftragte Horst Bossong. Seehofer behalf sich unter Umgehung des Bundesrates mit „Eilverordnungen“ im Rahmen des Betäubungsmittelgesetzes. Die letzte ist am 27. September abgelaufen. Silke Mertins