Ernährung ohne Bauern

■ Krach in der deutschen Delegation vor dem Welternährungsgipfel in Rom

Bonn (taz) – Die deutschen regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs) beklagen mangelnde Transparenz bei den Vorverhandlungen zum Welternährungsgipfel, der nächsten Monat in Rom stattfindet. „Die wichtigen Entscheidungen werden bei den EU-Besprechungen gefällt, zu denen wir keinen Zugang bekommen“, sagte Rainer Engels, Mitglied der deutschen Regierungsdelegation, am Wochenende. Engels ist einer der beiden NGO-Vertreter in der deutschen Delegation.

Erschwert wird die Arbeit der NGO zudem, weil keine offiziellen Stellungnahmen aus dem Auswärtigen Amt oder dem federführenden Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten existieren. So bleiben die Ziele der Regierung im dunkeln.

Vor dem Gipfel wird im Zweifelsfall sogar auf den Versuch verzichtet, sich auf gemeinsame Sprachregelungen zu einigen. Dies ist etwa mit dem Begriff „Landwirtschaft“ geschehen. Weil man sich über die Definition nicht einigen konnte, werden die Bauern als wichtigste Gruppe für die Ernährungssicherung nicht mehr genannt. Statt dessen sind die Landwirte mit allen „Menschen, die im Nahrungssektor tätig sind“ zusammengefaßt. Sie fallen also in eine Kategorie mit dem Manager etwa einer Kaffeerösterei oder einer Milchpulverfabrik. Statt der ökologisch nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion rückt immer mehr die industrielle Erzeugung von Lebensmitteln und der Veredelungsprozeß in den Vordergrund.

Engels und seine NGO-KollegInnen im Forum Umwelt und Entwicklung haben jetzt eine Kampagne gestartet, die auf die Versäumnisse vor dem Ernährungsgipfel aufmerksam machen soll: Die Frauen werden viel zuwenig berücksichtigt und ihre zentrale Rolle in der Nahrungsmittelproduktion nicht wahrgenommen. Die Gentechnik wird überschätzt, anstatt auf eine ökologisch verträgliche Landwirtschaft zu setzen. Vom „Recht auf Nahrung“ bleibe für die Verhandlungen in Rom nur ein „Sparpaket für 800 Millionen Hungernde“. Uwe Kerkow