Koalition am Rande des Nervenzusammenbruchs

■ Steuerdebatte geht munter weiter: FDP-Landespolitiker stänkern gegen Bonn

Berlin (taz/dpa) – Rechtzeitig zum Start des CDU-Parteitages hängt der Haussegen in der christliberalen Regierungskoalition bedrohlich schief. Den Ausschlag für den Krach gab die Absprache zwischen der FDP-Parteiführung und dem Bundeskanzler, den Solidaritätszuschlag nicht wie verabredet zum 1. Januar 1997 abzusenken. Seitdem kann sich die FPD vor Protesten aus den eigenen Reihen und nachfolgender Kritik vom Koalitionspartner kaum mehr retten.

Briefe der Empörung werden verschickt. Etwa von Jürgen Koppelin, dem Landesvorsitzenden in Schleswig-Holstein. „Mit dieser Entscheidung hat die Partei schweren Schaden genommen. ... Ich habe besonders im Landtagswahlkampf darauf verwiesen, daß die Senkung des Solidarzuschlags ein Erfolg der FDP war, und wir hatten das Versprechen gegeben, daß diese Senkung 1997 wirksam wird. Wenn nun dieses Versprechen gebrochen wird, wer glaubt mir dann noch, daß die Steuerreform 1998 kommen wird?“ fragt Koppelin bekümmert die Mitglieder seines Landesvorstands. Mit seinem geballten Unmut über Parteichef Wolfgang Gerhardt, Generalsekretär Guido Westerwelle und Fraktionschef Hermann Otto Solms steht Koppelin nicht allein. Ähnlich wettern auch Wolfgang Kubicki, der FPD-Fraktionschef im Kieler Landtag, und Jürgen Möllemann, Landesvorsitzender der FDP in Nordrhein-Westfalen. Obwohl sie sich von der Parteiführung betrogen fühlen, halten die Kritiker an einer Koalition mit der CDU fest, wenn auch „mit Zähneknirschen“, so Möllemann.

Unklar ist bislang, wie stark die um ein Jahr verschobene Senkung des Solidaritätszuschlags ausfallen soll. Während FDP-Fraktionschef Solms davon ausgeht, daß ab 1998 nur noch 5,5 Prozent, also 2 Prozent weniger gezahlt werden, hält Erwin Huber, CSU-Finanzminister in Bayern, höchstens ein Prozent für realistisch. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber warf der FDP vor, sie sei unsolidarisch und verlange beständig Einnahmekürzungen des Staates, aber ausschließlich zu Lasten des Sozialhaushalts. Die Attacken konterte Otto Graf Lambsdorff mit dem Satz, die FDP werde die Koalition zu „weiteren Steuersenkungen treiben“. roga