■ Vorschlag
: Feste Knoten knüpfen: Lisa Germano und Mojave 3 schleppern im Knaack

Der Abend wird ungefähr so verlaufen: Zuerst steht man rum und trinkt zuviel Bier. Irgendwann kommen drei Menschen auf die Bühne und setzen sich auf Barhocker. Der Schlagzeuger sieht aus, als sollte er gleich einschlafen und vom Schemel fallen. Der Sänger streichelt seine Gitarre immer ganz vorsichtig und haucht von Zeit zu Zeit ein paar Wörter. Dann ist da noch eine Frau, die singt manchmal auch. Du kratzt dein Köpfchen und denkst: wirklich schön.

Mojave 3 waren einmal Slowdive und kommen aus London. Doch die Herkunft führt in die Irre. Da paßt eher schon dies: In der Mojave-Wüste liegt nicht nur Las Vegas, auch Guy Kyser von Thin White Rope hat dort 17 Jahre verbracht; und Howe Gelb von Giant Sand wohnt immer noch da. Don van Vliet alias Captain Beefheart hat seine Bilder dort gemalt. Die Sonnenuntergänge sollen beeindruckend sein, es gibt einen Luftwaffenstützpunkt und eine vom Aussterben bedrohte Schildkrötenart, die es sonst nirgendwo gibt.

Mojave 3 schaffen epische Klanggespinste, die entfernt noch was mit Folk, mal auch mit Country zu tun haben. Im Vergleich dazu wirken Mazzy Star wie ein paar Hysteriker auf Amphetaminen. Vor allem entwickeln sie eine Atmosphäre, daß man Radioröhren knistern zu hören glaubt, daß man den Rost auf den Saiten schmecken kann und den Rotwein, der in trüben Stunden durch diese Kehlen geronnen ist. Es sind Berichte aus einer Welt voller samtener Augen und geheimer Tränen, aus einer Welt, wo sich gebrochene Herzen im Straßengraben tummeln und es doch Hoffnung auf ein Happy-End gibt: „Love songs on the radio / Your sweetheart lies in bed / She's dreaming of the things you said / She's hoping that it's meant.“

Der Strick liegt bereit, und ungefähr so wird der Abend enden: Lisa Germano wird auf die Bühne kommen. Vielleicht nimmt sie einen von den Barhockern. Vielleicht auch nicht. Sie wird ihre bekannten Geschichten nuscheln von der Frau, die von diesem Psychopathen verfolgt wird; von der Frau, die als Kind mißbraucht wurde, und von der Frau, die immer wieder und wieder von den Männern verlassen und verletzt wurde. „I hate you cause I love you“ wird sie singen und „I love you cause you hate me“. Dazu wird Musik erklingen von einer Band, deren größtes Anliegen es ist, möglichst wenig aufzufallen. Sie wird die Stimme kaum erheben und einen hübschen, festen Knoten knüpfen. Nur für dich. Thomas Winkler

Heute, 22 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg