Somozas Wiederkehr?

■ Sandinisten verlieren die Wahlen in Nicaragua

„Back to the future“ hatte Newsweek ihren Vorbericht zu den Nicaragua-Wahlen betitelt. Gemeint war damit ein mögliches Comeback des Alt- Sandinisten Daniel Ortega, der in seiner Blitztransformation vom kämpferischen Comandante zum „Versöhnungs“-Kandidaten seinen rechten Gegenspieler bis zum Schluß arg in Bedrängnis brachte.

Aber auch für den Triumph des rechtsliberalen Kaffeepflanzers Arnoldo Alemán wäre der Titel passend. Auch wenn der sprücheklopfende Rechtspopulist kaum als Reinkarnation des Diktators Somoza beschrieben werden kann, so ist die Warnung vor einer Art modernisiertem Neosomozismus ernst zu nehmen. Das aber hat fast die Hälfte der wählenden NicaraguanerInnen am Sonntag nicht abgeschreckt. Die Furcht vor einem „Weiter so“ ist, angesichts galoppierender Arbeitslosigkeit und wuchernder Armut, offenbar stärker als die Sorge vor der Rückkehr der ganz alten Garden. Und der Sehnsucht nach einem starken Mann haben die Sandinisten lediglich einen konturlosen „ideologischen Striptease“ entgegengesetzt, wie der FSLN-Aussteiger Sergio Ramirez kürzlich bemerkte. Die Verbrüderungsshow mit nahezu allen ehemaligen Erzfeinden – dem Klerus, den USA, der Privatwirtschaft und sogar der Contra – hat ihnen zwar einen neuen Look, aber kein neues Profil verschafft.

Und um die Hauptsorge des überwiegend arbeitslosen Wahlvolkes konnte es im Wahlkampf gar nicht gehen. Im engen Korsett von Strukturanpassung und extremer Auslandsabhängigkeit hat keine Regierung wirtschaftspolitischen Spielraum. So bleibt die Polarisierung zwischen den beiden ungleichen Caudillos. Die Mitte, die die Chamorro-Regierung bislang für sich beanspruchen konnte, scheint aufgebraucht. Und der Riß, der die jeweiligen Gefolgschaften trennt, geht heute quer durchs ganze Land: Auch Arme und Arbeitslose haben Alemán gewählt, viele Unternehmer und Funktionäre die Sandinisten. Einzige Hoffnung: die durch die Verfassungsreformen gestärkte Rolle des — heute wenigstens pluraler bestückten – Parlaments. Ob die Sandinisten die Oppositionsbank zu politischer Profilierung nutzen können oder nach ihrem „Striptease“ gänzlich nackt dastehen, bleibt abzuwarten. Anne Huffschmid