Pachtverträge zum Schleuderpreis

■ Sportvereine werden durch traumhaft niedrige Pachtzinsen für bezirks- und landeseigene Grundstücke begünstigt. Bündnisgrüne fordern, zumindest die gesetzlich festgelegten Entgelte einzutreiben

Das Land Berlin wirft Sportvereinen Grundstücke zu lächerlichen Pachtzinsen hinterher und verzichtet damit jedes Jahr auf beträchtliche Summen. So zahlt der Zehlendorfer Reitverein Onkel-Toms- Hütte für ein 20.000 Quadratmeter großes Grundstück mit Stallgebäude monatlich nur 975 Mark. Der Verein vermietet aber 115 Pferdeboxen für monatlich je 1.300 Mark. Sind alle Boxen belegt, bringt dies pro Monat 149.000 Mark in die Kasse. Im Zehlendorfer Volksmund heißt das Gelände „Rothkegels Ranch“ – nach Wolfgang Rothkegel (CDU), der von 1959 bis 1980 Stadtrat und Bezirksbürgermeister und zugleich auch Vorsitzender des Reitvereins war. Jahrelang betrieb der Verein auf dem Gelände eine kommerzielle Reitschule und ein Restaurant – für diese kommerzielle Nutzung hätte er nach der Sportanlagennutzungsverordnung aber die ortsübliche Gewerbemiete zahlen müssen. Jetzt steht der Vertrag auf dem Prüfstand.

Traumhafte Konditionen hat auch der Dahlemer Tennisclub: Für die Nutzung des bezirkseigenen Areals mit sieben Tennisplätzen und einer Villa zahlt der Verein monatlich 650 Mark. Bis auf die Wartung der Heizung zahlt der Verein keine Neben- und Instandhaltungskosten. Daß der Bezirk zur Jahreswende 1995/96 auch noch die Renovierung und Modernisierung des Hauses in Höhe von 130.000 Mark spendierte, sorgte nicht nur bei den Zehlendorfer Bündnisgrünen für Unmut.

Die bündnisgrüne Bezirksverordnete Camilla Werner kritisiert zudem, daß der Tennisclub, wie einige Sportvereine, nicht einmal das in der Sportanlagennutzungsverordnung (SpAN) festgelegte Entgelt zahlt. Danach müssen die Vereine seit August dieses Jahres 60 Pfennig pro Quadratmeter bezahlen. Zuvor waren es gerade mal 30 Pfennig. Auch ein Ruderclub am Großen Wannsee liegt mit einer Jahresmiete von 1.183 Mark für ein 6.000 Quadratmeter großes bezirkseigenes Grundstück weit unter dem Betrag, den er nach SpAN zahlen müßte. Der 1962 abgeschlossene Vertrag läuft noch bis zum Jahr 2007. Hier verhandelt SPD-Sportstadträtin Silvia Freimuth derzeit noch.

„Die Vereine jammern, daß der Sport kaputtgemacht wird. Aber man muß sich das im Einzelfall anschauen“, so Camilla Werner. Aus dem Wirtschaftsplan eines Zehlendorfer Tennisvereins ginge hervor, daß der Pachtzins gerade mal zwei Promille des Haushalts ausmache. Selbst die Portokosten seien höher als die Pacht.

Aus den Pachtverträgen kommt der Bezirk allerdings nicht so leicht heraus. Meist enthalten sie keine Anpassungsklausel. Oft dürfen die Vereine die Investitionen, die sie in das Grundstück stecken, mit dem Pachtzins verrechnen – obwohl der Rechnungshof diese Praxis in der Vergangenheit bereits beanstandet hat.

Auch der International Club Berlin, dessen stellvertretender Vorsitzender Klaus-Rüdiger Landowsky zugleich Fraktionschef der CDU im Abgeordnetenhaus ist, nutzt dieses Hintertürchen. Nach öffentlicher Kritik wurde die Pacht des Eliteclubs für Politiker und Botschafter zwar von 150.000 auf 300.000 Mark verdoppelt.

Nach Auskunft der bündnisgrünen Finanzexpertin Michaele Schreyer sind im Haushalt 1997 die maximal abzugsfähigen Investitionen von 150.000 Mark aber gleich veranschlagt worden, so daß die Pacht letztlich auf dem früheren Stand bleibt. Angesichts der dramatischen Haushaltslage, bei der die Große Koalition auch tiefe Einschnitte im sozialen Bereich plant, fordert Schreyer, die Subventionierung der Sportvereine zu reduzieren. Dorothee Winden