Herrscher über Raum und Zeit

■ Das Fama beginnt eine Werkschau von John Carpenter mit Filmen aus jenen Jahren, die seinen Kultstatus begründeten

Ein häufig zitierter Satz von John Carpenter lautet: „Wenn ich drei Wünsche frei hätte, wäre einer davon: ,Schickt mich in die Vierziger zurück, ins Studiosystem, und laßt mich Regie führen.'“ Natürlich erzählt das erst einmal etwas über den Selbstdarsteller Carpenter, der sich damit den Künstlern-in-der-Fabrik aus jener Zeit wie Hitchcock, Hawks oder Ford verbunden zeigt. Andererseits aber spricht diese Verbundenheit mit den Produktionen der 40er bereits einen entscheidenden Zug der Filme Carpenters an: ihre ökonomische, stringente Erzählweise, die in ihrer Geradlinigkeit nicht allein an jenes Studio-system, sondern speziell an die B-Pictures dieser und späterer Jahre erinnert.

Der große Unterschied aber zwischen Carpenter-Filmen und dem typischen B-Picture ist die Bildästhetik. Gerade jene Produktionen, für die Carpenter geringe Budgets zur Verfügung standen, wie bei Assault – Das Ende (1976), Halloween (1978), The Fog – Nebel des Grauens (1979) und Die Klapperschlange (1981), sehen durchaus nicht billig aus. Das liegt daran, daß Carpenter ein enormes Gespür für Kamera und Schnitt beweist. Seine Inszenierung von Bewegung, Licht und Perspektive kompensieren teure Spezialeffekte und aufwendige Ausstattungen.

Carpenters Blütezeit, der Ursprung seines Kultstatus, liegt in den 70er und frühen 80er Jahren. Zu seinen Filmen aus dieser Zeit ließen sich zahlreiche Zugänge finden, etwa das Verhältnis zu seinen Regie-Idolen. Carpenters berühmte Horrorfilme Das Ding aus einer anderen Welt (1982) und Halloween (1978) nehmen Bezug auf Howard Hawks und Alfred Hitchcock, während sich seine Weltraum-Endzeit-Collage Dark Star (1973-75) an Stanley Kubrick und sein späteres Science-fiction-Verschwörungsdrama Sie leben (1988) an Don Siegel abarbeiten.

Vielleicht am interessantesten aber ist Carpenters Umgang mit Raum und Zeit. Immer wieder geht es ausdrücklich um einen begrenzten, irgendwie eingeschlossenen Raum, in dem bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein lebensbedrohendes Problem gelöst werden muß. Exemplarisch hierfür stehen Assault – Das Ende und Die Klapperschlange, die die Carpenter-Werkschau im Fama-Kino eröffnen.

Wie in einem Hawks-Western muß in Assault der schwarze Polizist Ethan (Austin Stoker) mit seiner Kollegin Julie (Nancy Loomis) und zwei Schwerverbrechern eine verlassene Polizeistation eine Nacht lang gegen anstürmende Straßen-Gangs verteidigen. In Die Klapperschlange hat der Ex-Soldat Snake Plissken (Kurt Russel) im Jahr 1997 ein Himmelfahrtskommando durchzuführen: Innerhalb von 24 Stunden muß er den Präsidenten und ein wichtiges Tonband aus dem in ein Gefängnis-Ghetto umfunktionierten New York befreien.

Eingeschränkter Raum und befristete Zeit – hierauf baut sich die Spannung der meisten Carpenter-Filme auf. Der besondere Reiz dabei ist, daß diese Bedingungen auch die Situation des Publikums im Kino beschreiben.

Jan Distelmeyer „Die Klapperschlange“: Do, 24. bis So, 27. Oktober, Fama, 22.30 Uhr