Die Fünf-Minuten-Einlage

Der FC St. Pauli erreicht mit dürftigem 1:0 gegen Unterhaching das Viertelfinale im DFB-Pokal / Und der HSV ebenso  ■ Von Folke Havekost

Eigentlich lief alles ganz ordentlich: 85 Minuten lang ging das Konzept der Hausherren auf. Doch dann war Martin Driller unpräzise. Während seine Kollegen das planlose Nachvornedreschen der Spielkugel (wahlweise auch: effektloses Kurzpaßspiel durch die Mitte) zuvor zur Maxime erhoben hatten, erwischte Drillers Schlappen das Leder geschätzte drei Zehntelsekunden, nachdem ein Pfiff die Begegnung unterbrochen hatte. Prompt zeigte Schiedsrichter Friedrichs aus Lennestadt dem bereits verwarnten Stürmer wegen Ballwegschlagens den gelb-roten Karton.

Am Ergebnis änderte Drillers Fauxpas nichts mehr, aber genau diese heroische Fünf-Minuten-in-Unterzahl-das-1:0-nach-Hause-Retten-Einlage brauchte St. Pauli, um das Spiel nicht nur glücklich gewonnen, sondern auch gesiegt zu haben. Wenigstens zur Schlußphase gerieten die Ränge noch einmal in Wallung und erinnerte sich der Zuschauende daran, daß er immerhin Zeuge des ersten Pokalspiels am Millerntor seit über vier Jahren war. Und dann gleich ein Achtelfinale, das durch die einzige gelungene Aktion des Spiels entschieden wurde. Nikolai Pisarew traf wie am Sonnabend gegen Freiburg – diesmal nach Vorarbeit von Luiz Firmino Emerson und Tomas Sobotzik.

Da waren 73 bereits trostlose Minuten verstrichen. Der Schuß Pisarews aus zwanzig Metern war die erste wirkliche Torchance des Erstligisten. Unterhaching war großzügiger, spielte geschickt aus der Defensive, vergab aber die wenigen eigenen Chancen durch Garcia (23.) und Reich (51., 54.). „Es war sicher kein Spiel für Fußball-Ästheten“, gab St. Pauli-Trainer Uli Maslo nachher freimütig zu. Doch soviel Ökonomie war nie, und auf dem Weg nach Berlin sind nur noch zwei Etappen zu beschreiten.

Der Pokal ist zur Perspektive geworden, auch wenn Maslo sofort zum morgigen Ligaspiel in Rostock überging und dort eine „Materialschlacht“ (fliegende Holzlatten auf den Traversen?) prophezeite. Immerhin hatte seine Mannschaft ein weiteres Mal demonstriert, daß sie mit etwas Glück durchaus im oberen Drittel der zweiten Liga mitspielen könnte, und Kaiserslautern hat den Pokal ja auch als Absteiger gewonnen.

Ball-Wegtreter Martin Driller stellte dem Verein überigens gestern ein Ultimatum: Bis Ende November soll der FC ihm gefälligst einen Vertrag für mindestens vier Jahre anbieten. Anderenfalls will Driller zum 30. Juni kündigen und im Falle einer verweigerten Freigabe vors Arbeitsgericht ziehen.

FC St. Pauli: Thomforde – Trulsen – Hanke, Eigner – Scherz, Gronau (22. Bochtler) – Driller, Pröpper, Springer (46. Emerson) – Pisarew (82. Schweißing), Sobotzik.

SpVgg Unterhaching: Wittmann – Vladimir – Grassow, Täuber – Strehmel (76. Gröber), Hartig, Reich, Zeiler (80. Bartsch), Lust – Garcia, Radlspeck (76. Zimmermann).

Schiedsrichter: Friedrichs (Lennestadt) – Zuschauer: 12.000.

Tor: 1:0 Pisarew (73.).

Gelb-rote Karte: Driller (85.).