Ricardo Muti in der Musikhalle

Diesen Abend kann man bedenkenlos in den Dienst der bürgerlichen Musikpflege und dem dazugehörigen Unternehmergeist der Pro Arte-Konzertreihe stellen.

Immerhin betritt Ricardo Muti das Pult der Musikhalle, der zum richtigen Zeitpunkt temperamentvoll dem Orchestra Filarmonica della Scala voransteht. Erstklassige Bedingungen für einen unterhaltsamen, musikalisch nahezu perfekten und in seiner Harmlosigkeit atemberaubenden Abend.

Der Auswahl steht Beethovens Egmont-Ouvertüre voran, die die zu Goethes gleichnamiger Tragödie 1810 verfaßte Schauspielmusik fast einzig überlebt hat. In diesem musikalischen Spiegel zu dem von Beethoven leidenschaftlich mitgefochtenen Freiheitskampf findet Muti zu der erwarteten Präzision, Dynamik und Homogenität des Klanges. Die folgende 4. Sinfonie Beethovens nimmt sich, umrahmt von ihren titanengleichen Schwestern, vergleichsweise „hell“ aus. Dabei blieben die im Vordergrund stehenden und dem Schaffen Beethovens vorausweisenden Phrasierungskontraste oft ohne die nötige Spannung.

Edward Elgars 1903 verfaßtem sehnsüchtigem Blick aus einem verregneten Fenster gen Süden (In the South) begegnet Muti mit dem Charme des lässig Großen. Zuguterletzt bewegte sich Muti auf den Spuren Ottorino Respighis, der die „Cultura Italiana“ gerne auch auf Mussolinis Fittichen verbreitete. Pini di Roma ist in seiner reichen instrumentalen Koloristik eine Ode an Rom, das faschistische Kunstideal und Strawinsky. Monumentalität steht ein erleichternder Sinn für Humor entgegen, der alle Vorbehalte noch erträglich macht.

Bettina Bruns