Bloß nicht immer nur Komödie

■ taz-Serie über Bremer SängerInnen und SchauspielerInnen / Heute: Christoph Tomanek, Akteur am hiesigen Schauspielhaus

Gleich seine erste Bremer Rolle war ein Volltreffer. In Stefan Moskovs Collage „Macbu“ spielte der zum Sommer ans Schauspielhaus gewechselte Christoph Tomanek den Conferencier. Als sei er in freiem Fall einer deutschen Version von Monty Python's Flying Circus entsprungen, persiflierte er den Theaterintellektuellen aus Dramaturgie oder Fachzeitschrift und trug wesentlich dazu bei, aus einer kruden Schauspielmixtur immerhin eine kurzweilige Gaudi zu machen.

Ja, die Gaudi. Der Komödiant liegt ihm, gibt der stolze Vater des eineinhalbjährigen Samuel zu. Und doch klingt dabei der Unterton eines jeden Schauspielers im mittleren und fortgeschrittenen Anfängeralter an, bloß nicht zu schnell festgelegt zu werden. Denn die Darstellerei im Film und Theater, will sagen Stadttheater, ist nunmal ein Beruf voll von Fremdbestimmung, und selbst einer wie Westernhagen brauchte Jahre, um sein Theo-Image wieder loszuwerden. Deshalb schnell noch eine Absprache mit der Babysitterin, und schon bekennt sich Tomanek zum psychologischen Realismus a la Tschechow oder Ibsen.

Hinter Christoph Tomaneks hoher Stirn verbergen sich erst 27 Jahre Welterfahrung, ein Großteil davon hieß Leben oder Überleben in Hannover. Schon an der (Waldorf-) Schule theatral aktiv, wollte er jedoch Musiker sprich Konzertgeiger werden, was letztlich an den eigenen hohen Ansprüchen scheiterte. Eines Tages besann sich Tomanek und erarbeitete Süßkinds Schauspiel-Solo „Der Kontrabaß“. Mit der Erfahrung, die Spannung nicht auf dem Bogen, sondern auf der Bühne halten zu können, war die Sache klar.

Aus, wie er sagt, „politisch naiven Motiven“ wurde er Wessi in Berlin-Ost und ging zur Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“, wo das halbe Bremer Ensemble studiert hat. West-Ost-Konflikte seien dort in den Jahren drei bis sechs nach der Wende nicht thematisiert worden, wohl aber Grabenkämpfe über das Theater. Innerlichkeit prallte auf Texttreue, Brecht auf Mnouchkine, und schließlich machte doch jeder, was er für richtig hielt. So wie der Zadek-Schüler, der mit Tomanek & Co. die „Iphigenie auf Tauris“ erarbeitete: Den Sprach-Puristen hätten die Haare zu Berge gestanden, „aber es war unheimlich lehrreich“.

Und nun Bremen. Hausregisseurin Christina Friedrich und Intendant Klaus Pierwoß himself hätten ihn angeheuert, sagt er und studiert derzeit Anthony Burgess Gewalt-Parabel „Clockwork Orange“ mit ein. Nichts zum Lachen das, denn Tomanek gibt das Rollendoppel eines Bandenmitglieds und des Elektroschock-Therapeuten Dr. Brodsky (Premiere Anfang Dezember), wobei er hofft, mindestens so fesseln zu können wie im „Kontrabaß“ oder in „Macbu“.

Ein Tschechow aber ist in Bremen erstmal nicht in Sicht. Doch einstweilen gibt's den psychologischen Realismus auch daheim, wenn Sohn Samuel sprechen lernt und bald zu fragen beginnt „Warum?“ ck