Wettrennen mit der Räumung

■ Keine Einigung zwischen Fundus und Tacheles. Vertragsentwurf abgelehnt. Welche Rolle spielt Bezirk?

Je näher ein möglicher Räumungstermin für das Tacheles rückt, desto unversöhnlicher werden die Fronten zwischen Kunsthaus und Investor. Einen von der Kölner Fundus-Gruppe am Dienstag abend vorgelegten Vertragsentwurf zur „langfristigen Sicherung“ des Kulturhauses an der Oranienburger Straße lehnte das Tacheles gestern als „im Prinzip nicht verhandelbar ab“.

Wie berichtet hatte Kultursenator Peter Radunski (CDU) Anfang Oktober seine Bedenken gegen eine eigentumsrechtliche Zuweisung des Tacheles-Grundstücks an den Bund zurückgestellt. Damit waren die Verhandlungen zwischen Investor und Tacheles unter Zeitdruck geraten. Der Grund: Die Oberfinanzdirektion (OFD), die das Gelände in Kürze verwalten wird, hat den 1. November als Frist für das Zustandekommen des Vertrags zwischen Fundus und den „illegalen Nutzern“ gesetzt. Falls es bis dahin nicht zu einer Einigung zwischen Fundus, Tacheles und Kulturverwaltung gekommen sei, müßte das vom Bezirk für nicht verkehrssicher gehaltene Gebäude geräumt werden.

Für den Fundus-Geschäftsführer Anno August Jagfeld war der Zeitdruck Gelegenheit, seine Vorstellungen von einer „Sicherung“ des Tacheles neu zu formulieren. In dem am Dienstag vorgelegten Vertragsentwurf erklärt sich Fundus zwar bereit, für die Verkehrssicherung des Gebäudes aufzukommen und das Tacheles für eine Mark pro Quadratmeter zuzüglich „Nebenkosten“ als Kunsthaus zur Verfügung zu stellen. Anstatt von dreißig ist allerdings nur noch von zehn Jahren Subventionierung die Rede. Im Zusammenhang mit dem von Tacheles geforderten Erhalt der Freifläche heißt es in einer Fundus-Mitteilung lediglich: „Die Nutzung der ,Freifläche‘ muß noch geregelt werden.“

Die Tacheles-Künstler, für die nun das Wettrennen mit der Räumung begonnen hat, wollen sich auf Maßnahmen zur Verkehrssicherung der Ruine konzentrieren. Unterdessen herrscht weiter Unklarheit über den tatsächlichen baulichen Zustand des Gebäudes. In einem Brief an das Bezirksamt Mitte teilt selbst die OFD mit, es stoße auf „Verwunderung“, „daß die Forderung Ihrerseits nach Sicherungsmaßnahmen erst jetzt“ geltend gemacht werde. Während der gesamten Zeit der Verfügungsbefugnis des Landes Berlin seien solche Forderungen nicht gestellt worden. Im übrigen sei der OFD der Zustand des Gebäudes im einzelnen nicht mitgeteilt worden.

Unmut über das Vorgehen des Bauamtes äußerte auch das Tacheles. Eine seit langem geforderte gemeinsame Begehung mit der Bauaufsicht sei bis heute nicht zustande gekommen. wera