Lotto-Kreuzchen verfassungswidrig

Karlsruhe – Der Streit um das Kreuz reißt nicht ab. Nach der bayerischen Kruzifixverordnung erklärte das Bundesverfassungsgericht (BVG) nun auch die sogenannte Kreuzchenregel im Lotto für verfassungswidrig. Die Kreuzchenregel schreibt vor, daß die Zahlen auf Lottoscheinen nur mit Kreuzen gekennzeichnet werden dürfen. Das BVG sieht darin eine eindeutige Diskriminierung nicht- christlicher Lottospieler. „Jeder muß das Symbol, mit dem er seine Zahlen kennzeichnet, frei wählen dürfen“, heißt es in der Urteilsbegründung (Aktenzeichen 1 BvR 1649/96).

Vor dem BVG geklagt hatte ein türkischer Lottospieler islamischen Glaubens, der in einer Hamburger Lottoannahmestelle einen Normalschein der Wette 6 aus 49 einreichte. Aus religiösen Gründen hatte er darauf „seine“ Zahlen mit Halbmonden statt mit Kreuzchen markiert. Als der Mann seinen Gewinn – immerhin drei Richtige mit Zusatzzahl – einlösen wollte, wurde ihm die Auszahlung verweigert.

Begründung: Der Schein sei wegen der Halbmonde ungültig. In seiner Klageschrift berief sich der Türke übrigens auf ein Lotteriegesetz von 1933. Darin wird Mitgliedern der NSDAP ausdrücklich gestattet, die Lottozahlen mit dem Symbol ihrer Weltanschauung, dem Hakenkreuz, kenntlich zu machen. Zum Beweis legte der Kläger einen historischen Lottoschein vor, auf dem niemand geringerer als Adolf Hitler am 30. April 1934 sechs Richtige angekreuzt und damit den Jackpot geknackt hatte.Fritz Tietz