Ölindustrie verseucht Nordseeboden

■ Meeresboden rings um Bohrinseln unter Bohrschlämmen begraben. Ölmultis wollen die Plattformen versenken

Berlin (taz) – Nach einer Untersuchung der Biologischen Anstalt Helgoland sind 5.000 bis 8.000 Quadratkilometer Nordseeboden mit Bohrschlämmen verseucht, das sind zwischen 0,9 und 1,4 Prozent der Gesamtfläche. Im Normalbetrieb setzen die rund 400 Bohrinseln in der Nordsee in jedem Jahr 14.000 Tonnen Öl und 100.000 Chemikalien frei.

Ein Film des NDR-Magazins „Panorama“ zeigte nun die Folgen der seit 30 Jahren andauernden Verschmutzung: kilometerweise abgestorbenen Meeresgrund im Umkreis der Bohrinseln. Unter vielen hätten sich gebirgsähnliche Abraumhalden aus giftigem Sondermüll gebildet, der nach Unterschungen der Universität Oslo noch in zehn Kilometer Entfernung das Leben am Meeresgrund abtöte. Die darin enthaltenen Ölverbindungen und Schwermetalle gelangten schließlich über die Nahrungskette auch zum Menschen.

Norwegische Forscher bewerteten die Verunreinigungen durch Bohrschlämme als „wesentlich gefährlicher“ als die sichtbaren Ölteppiche nach Tankerunfällen. Greenpeace hatte erst im Juni dieses Jahres ein Forschungsschiff zu den Bohrinseln geschickt. Die Untersuchung der dabei gewonnenen Proben sei jedoch noch nicht abgeschlossen, sagte Greenpeace-Meeresbiologe Christian Bussau. Die Besatzung der „Arctic Sunrise“ habe allerdings innerhalb von drei Tagen zwei kilometerlange Ölteppiche vor Bohrinseln entdeckt.

„Panorama“ berichtete nun, daß die Entsorgung ausgedienter Ölplattformen an vielen Stellen durch die Abfälle unter Wasser so stark behindert würden, daß die Anlagen nicht mehr gehoben werden könnten, ohne den Müll erneut aufzuwirbeln – mit schweren Schäden für die Umwelt. „Wenn man die Bohrschlämme aufrührt“, erklärt Eric Faulds, Entsorgungsspezialist bei Shell, „schafft man größere Probleme, als wenn man alles so läßt.“ Die Lösung der biritschen Ölmultis: Sie möchten die Bohrtürme am liebsten an Ort und Stelle versenken. lieb