„Das war arglistige Täuschung“

■ Hansetor-Bewohner fordern Schadenersatz von Baufirma Interhomes

Die Bewohner der Siedlung „Hansetor“ wehren sich dagegen, zu Sündenböcken für die Verseuchung des Bodens auf ihren Parzellen gemacht zu werden. Die Baufirma Interhomes habe von Anfang an von einer möglichen Kontamination gewußt, so der Anwalt Jörn-Asmus Mohr. Der Bauträger hätte die Käufer der 73 Grundstücke zumindest auf das Risiko hinweisen müssen, das jetzt sie zu tragen hätten. „Das war arglistige Täuschung“, sagt der Anwalt, der mit seinem Kollegen Eckart Abel-Lorenz zehn Hansetor-Bewohner vertritt, die Interhomes auf Schadenersatz verklagen wollen.

Aufgeschreckt hatten die Anwälte Äußerungen von Interhomes-Chef Karl Grabbe. Dieser hatte behauptet, die Bewohner hätten das mit krebserregenden PAKs und Phenolen vergiftete Erdreich selber nachträglich aufgebracht. Experten halten es jedoch für unmöglich, daß die tiefreichende Verunreinigung des Bodens „mit der Schubkarre“ erfolgt sein könnte.

Die Juristen haben die umfangreiche Korrespondenz zwischen Interhomes und Umweltbehörde vom Beginn der Kaufverhandlungen 1989 bis zur Baugenehmigung 1992 studiert. Es sei klar, daß schon damals zumindest ein beim Verkauf anzeigepflichtiger Verdacht bestanden habe. Zwar habe die Behörde 1989 die Unbedenklichkeit einer Wohnbebauung attestiert, allerdings seien danach noch Teerzisternen auf dem Gelände gefunden worden. Eine historische Altlasten-Recherche habe gezeigt, daß dort seit 1883 allerlei potentiell schmutziges Gewerbe angesiedelt war – etwa eine Lackiererei oder ein Holzschutzmittelhersteller.

Möglicherweise habe die Behörde ihre Amtspflichten verletzt. So stammten die von Interhomes vorgelegten Ergebnisse von Bodenuntersuchungen aus 1989 nicht von einem Experten, sondern von einem Handels-Chemiker.

Die Firma Interhomes weist stets darauf hin, das obere Erdreich abgetragen zu haben. Die Anwälte bezweifeln das. Wenn 50 Zentimeter von dem gesamten Gelände abgetragen worden wären, kämen nach ihren Berechnungen 9.750 Tonnen Erde zusammen. Die Bremer Entsorgungsbetriebe hätten aber nur 2.900 Tonnen Boden entsorgt. Möglicherweise hätte Interhomes die mit 30.000 Mark pro Parzelle angesetzten Sanierungskosten seinerzeit falsch kalkuliert, so der Umweltchemiker Heribert Welfers, der die Anwohner wissenschaftlich berät.

Bis in welche Tiefe eine Sanierung nötig ist und was sie kostet, darüber gibt es zur Zeit nur Spekulationen. Sicher ist nur, daß die ersten 60 Zentimeter Erdreich auf 23 Grundstücken verseucht sind“, so Harald Bethke von den Bremer Entsorgungsbetrieben, der von der Umweltbehörde mit der Prüfung einer Sanierung beauftragt ist. Tiefere Untersuchungen seien bis Ende des Jahres abgeschlossen.

Die Stadt trifft nach Ansicht der Anwälte eine Mitschuld. Denn politisch sei es seinerzeit gepuscht worden, im vernachlässigten Hemelingen Wohngebiete für die Mittelschicht zu errichten. jof