Nebenschauplätze und andere Details

■ Wenn der Berater sich selbst berät: Der Problemfall Schiller Theater beschäftigt die Kulturpolitiker der Stadt. Nur die Schlüsse, die sie ziehen, gehen arg auseinander

Die Diskussion um das Schiller Theater geht Axel Wallrabenstein, Pressesprecher des Kultursenators, gründlich auf die Nerven: „Die SPD-Fraktion hat hier einen Nebenkriegsschauplatz eröffnet, um von der Spardebatte unter ihrer Finanzsenatorin Fugmann- Heesing abzulenken“, vermutet er politisches Kalkül hinter der Kritik. Wallrabenstein hat sicher recht, wenn er einen Zusammenhang zwischen den Berliner Rangeleien um die schmalen Budgets der öffentlichen Hand und der Kritik am Umgang mit dem Schiller Theater sieht. Allerdings verdeckt dabei nicht ein Übel das andere, im Gegenteil: Die Mißstände bedingen sich gegenseitig.

In der letzten Sitzung des Kulturausschusses, kurz vor der Sparklausur des Senats, war das Schiller Theater Thema. SPD und Grüne wiesen zum wiederholten Male darauf hin, daß ihnen die Zuvorkommenheit, mit der der Kultursenat seinen Mieter Peter Schwenkow und dessen Firma Deutsche Entertainment behandelt, zuweit geht. Der Verdacht lag nahe, daß Schwenkow seinen vertraglich vereinbarten Investitionen nicht nachkomme (s. taz v. 12./13.10.). Außerdem häuften sich die Anzeichen, daß der säumige Kommerzkultur-Multi nicht im Traum daran denke, eines seiner versprochenen Historicals – berlinbezogene Musicals – in Auftrag zu geben.

Doch auch in der Kulturpolitik steckt der Teufel im juristischen Detail. Denn was in dem Vertrag steht, den Peter Schwenkow im letzten Jahr mit dem damaligen Senator Roloff-Momin abgeschlossen hat, scheint zwar jeder zu wissen. Trotzdem gibt es Unklarheiten: Für die Grünen ist es zum Beispiel nicht geklärt, ob Schwenkow das Haus an seinen Exkonkurrenten Wolfgang Boksch untervermieten darf. Der Senat dagegen erklärt, laut Vertrag könne Schwenkow das sehr wohl, allerdings müsse er dafür eine Genehmigung einholen, die er im Falle Boksch auch bekommen habe. Kurioserweise beschloß der Ausschuß, das Durcheinander in Gesprächen mit einem zwar sachkundigen, doch irgendwie befangenen Experten zu klären: Schwenkow ist nämlich nicht nur Mieter des Schiller Theaters, sondern auch einer der „externen Berater“, die sich Kultursenator Radunski ins Haus geholt hat. Auf Dezernentenebene sollen Treffen mit Peter Schwenkow stattfinden, in denen darüber geredet wird, wie es nun eigentlich in puncto Erfüllung des eigenen Vertrags weitergehen soll.

Die SPD verweist auf einen weiteren wunden Punkt, die „inhaltliche Gestaltung des Programms“. Sie besteht darauf, daß Peter Schwenkow in einem Begleitschreiben zum Vertrag die besagten Historicals versprochen hat, und will jetzt überprüfen lassen, ob die schriftliche Zusage einklagbar ist. Irana Rusta, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion: „Schwenkow hat den Senat reingelegt, als er sich den Vertrag mit diesen Versprechen an Land gezogen hat. Trotzdem müssen wir ihm zunächst die Möglichkeit lassen, seine Ankündigungen doch noch einzulösen.“ Sonst, so Rusta, müsse das Haus eben meistbietend vermietet werden: Wenn schon Kommerz, dann zu reellen Mietpreisen.

Zur Zeit zahlt die Deutsche Entertainment aufgrund von indirekten Senatszuschüssen nur eine effektive Jahresmiete von 8.000 Mark. „So können wir nicht glaubhaft gegen den Sparkurs in der Kulturpolitik protestieren“, stellt Irana Rusta fest. Die CDU-Fraktion dagegen spielt beleidigte Leberwurst und weigert sich, am Schwenkow-Bashing teilzunehmen, auch nicht als Anwalt ihres Senators Radunski. Sprecher Uwe Lehmann-Brauns: „Graben Sie doch Roloff-Momin wieder aus, wenn Sie etwas über das Schiller Theater hören wollen.“ Er sei nicht weiter an dem „neuen“ Schiller Theater interessiert, so Lehmann- Brauns, und es sei ihm auch egal, zu welchen Konditionen es vermietet werde: „Das ist vielleicht verwaltungstechnisch von Bedeutung, kulturpolitisch sicherlich nicht.“

Im Kultursenat, so heißt es, führe man Gespräche mit Peter Schwenkow. Und man studiert den Vertragstext noch einmal, wobei Pressesprecher Wallrabenstein nicht müde wird, seinen pragmatischen und etwas naiven Standpunkt zu betonen: „Wir sind froh, daß das Haus überhaupt bespielt wird.“ Deshalb kommt vermutlich auch in der Frage der Investitionen keine Nervosität auf. Schwenkow muß, so steht es im Vertrag, jährlich 500.000 Mark investieren. Geschieht das in diesem Jahr nicht, so muß der Fehlbetrag im nächsten nachgezahlt werden – die Investitionssumme betrüge dann eine Million Mark.

Der Musical-Unternehmer, der mit der taz nicht reden mag, hat inzwischen angekündigt, im März nächsten Jahres seine bis dahin getätigten Investitionen öffentlich zu machen. Vom Kultursenat war nur zu erfahren, daß Peter Schwenkow bisher „vermutlich“ schon Geld in das Gebäude gesteckt habe. Genaueres weiß man bei der Behörde nicht. Aber vielleicht läßt sich der eine oder andere Dezernent die Sachlage beim nächsten Treffen mit Senatsberater Peter Schwenkow noch einmal erklären. Kolja Mensing