Ein Einkaufsbummel mit 14,44 Mark in der Tasche

■ Am Montag starten die Aktionstage gegen Sozialabbau und Wohnungsnot

Zu Aktionstagen gegen „die sozial ungerechtfertigten Sparmaßnahmen“ des Senats hat der Arbeitskreis Wohnungsnot aufgerufen. Unter dem Motto „... denn sie wissen, was sie tun!“ finden ab Montag Veranstaltungen statt, die die fatalen Folgen von Kürzungen im Sozialbereich aufzeigen sollen. Es sei nicht hinzunehmen, daß Prestigeobjekte wie der Tiergartentunnel weiterhin Vorrang vor sozialen Hilfeleistungen erhalten, sagte gestern Brigitte Scheidt vom Arbeitskreis Wohnungsnot. Es dränge sich der Verdacht auf, daß „die Hauptstadt auf- und der Sozialstaat abgebaut werde, daß sozial Schwache einfach nur noch als Übel“ betrachtet werden. Vor allem für Menschen mit geringem Einkommen seien die Folgen der Sparmaßnahmen „drastisch“.

Nach Darstellung des 1988 gegründeten Arbeitskreises, ein Zusammenschluß von Mitarbeitern aus etwa 60 Hilfsprojekten und Institutionen freigemeinnütziger und öffentlicher Träger, sind immer mehr Menschen in der Stadt von Wohnungsnot betroffen. Jeder 18. Berliner lebe bereits von Sozialhilfe, in Kreuzberg sogar jeder neunte. Spitze sei Berlin auch beim Wohngeld, jeder zehnte Haushalt sei inzwischen darauf angewiesen (Der Bundesdurchschnitt liegt bei 7,5 Prozent).

Während der bis zum 7. November dauernden Aktionstage können die Berliner unter anderem beim „Zentralen Beschwerdebüro“ unter der Nummer 39047419 ihrem Ärger freien Lauf lassen. Täglich von 9 bis 10 Uhr und von 18 bis 19 Uhr nehmen Mitarbeiter Beschwerden und „sinnvolle Sparvorschläge“ entgegen, die dann an Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) übergeben werden sollen. Am 30. Oktober und 6. November sind zusätzliche „mobile Beschwerdebüros“ in den Bezirken unterwegs.

Zu einem „Einkaufsbummel“ im Kreuzberger Rewe-Markt, Dessauer Straße, sind am 4. November prominente Politiker eingeladen. Mit dem Sozialhilfetagessatz von 14,44 Mark im Portemonnaie müssen sie an diesem Tag auskommen. Ihre Teilnahme zugesagt haben bisher allerdings nur PDS- Landeschefin Petra Pau und der Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, Wolfgang Wieland. „Von der Koaltion war bisher niemand bereit mitzumachen“, zeigte sich Arbeitskreis-Mitarbeiterin Susanne Gerull enttäuscht.

Zum Abschluß der Aktionswoche findet am 7. November (18.30 Uhr) eine Podiumsdiskussion im Haus der Kirche in der Goethestraße in Charlottenburg statt, bei dem Senatsvertreter Rede und Antwort stehen. ADN/taz