■ Rückmeldegebühren
: Schultheißprinzip

Am Ende regierte der Instinkt. Der Vorsitzende Richter teilte mit, was man in 'ner Schultheißkneipe eben so denkt. Es sei ihnen zuzumuten, klärte Ulrich Monjé die StudentInnen auf, sich mit 100 Mark an der Sanierung des bankrotten Landes zu beteiligen. Die Studis müssen also bezahlen. Einen Hunni. Immer, wenn sie sich einschreiben. Bevor die nächste Instanz entscheidet, bleibt eine Bilanz zu ziehen. Die fällt ernüchternd aus. Denn das Schultheißprinzip regierte durchgehend.

Senat und Abgeordnetenhaus wandten es an, indem sie die StudentInnen mit dem Zahlungsvordruck „Rückmeldegebühr“ am Stopfen der Etatlöcher beteiligten. Sie hätten schlicht den Begriff „Konsolidierungsbeitrag“ wählen sollen. Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger, Alte – alle müssen sich kürzen lassen. Bloß die Studis nicht. Das ist nicht einzusehen.

Die protestierenden Studenten wollten in einem politischen Prozeß zeigen, daß da in Wahrheit Studiengebühren eingeführt worden waren. Doch die inbrünstige Hoffnung, es den Regierenden mal so richtig zu zeigen, zerstob mit einem einzigen Satz: „Studiengebühren werden nicht erhoben“. So steht es im Gesetz. So fand es Ulrich Monjé vor und sprach: Studiengebühren sind es nicht. Puff! Raus war die Luft.

Es blieb zu prüfen, ob die Rückmeldegebühr korrekt eingeführt und eventuell zu hoch sei. Als Prüfstand diente zweierlei: Beim Äquivalenzprinzip hatten die Richter kein Problem. Diese Verfassungsnorm fragt sinngemäß: Werden BerwerberInnen durch die Rückmeldegebühr möglicherweise ganz vom Studium abgeschreckt? Natürlich nicht.

Beim Kostendeckungsprinzip wurde es spannend. Dem nämlich entspricht die Rückmeldegebühr offensichtlich nicht, wie eine Anhörung zeigte. Die Fachhochschule für Verwaltung (FHVR) etwa errechnete 17,14 Deutschmark je Immatrikulation. So billig kommt man bei der elitären Hochschule der Künste nicht weg. Dort kostet Immatrikulieren 3.000 (dreitausend, sic!) Mark. Der Gerichtssaal bebte vor Lachen über den Zahlensalat, die Hochschulverwalter standen wie die Deppen da.

Dabei hätte ein Buchhalter leicht feststellen können, welche Kostenberechnung der Wirklichkeit am nächsten kommt: Die Kosten-Nutzen- Analyse von TU und FU, die bei rund 35 Mark lag. Damit war klar: 100 Mark kann der Senat für eine Immatrikulation nicht verlangen, sonst verstößt er gegen das Kostendeckungsprinzip. Das Gericht hätte dem Gesetzgeber zurufen können, nein müssen: Die Gebühr ist zu hoch!

Aber keine Sorge. So logisch geht es vor Gericht nicht zu. Der Gesetzgeber, lautete die juristische Finesse der Richter, habe sich selbst vom Kostendeckungsprinzip entlassen können. Die Verwaltungsrichter haben damit gezeigt, daß sie fit sind für den Standort Deutschland. Auch sie können sparen – an Liberalität und Bürgerrechtssinn. Schade. Waren sie es doch, die eben diese Werte mit NC-Urteilen jahrelang hochgehalten hatten. Christian Füller