■ Mit biologischer Vielfalt auf du und du: Wort und Wirklichkeit
Köln (taz) – Beim Erdgipfel von Rio 1992 wurde sie verabschiedet: Die Konvention über Biodiversität. Ihr Ziel ist der Schutz und die Nutzung der biologischen Vielfalt und ein Gewinnausgleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Durch „Inwertsetzung“ soll ein Anreiz geschaffen werden, natürliche Ressourcen wie den tropischen Regenwald zu erhalten und nicht durch kurzfristige Ausbeutung wie Abholzen zu vernichten.
Bisher wurde die Konvention von 158 Staaten ratifziert. Die USA sind nicht darunter. Sie haben das Papier lediglich unterzeichnet, die Bestimmungen der Konvention jedoch (noch) nicht in nationales Recht überführten. Noch gewichtiger: Alle Bestände, die vor dem Inkrafttreten der Konvention gesammelt und eingelagert wurden, fallen nicht unter den Schutz der Konvention. Das ökonomisch wichtigste Segment der biologischen Vielfalt, das Keimplasma der Nutzpflanzen, wurde in umfangreichen Sammelaktionen in den siebziger und achtziger Jahren in Genbanken internationaler Agrarforschungszentren eingelagert. Kenner sprechen von über 90 Prozent aller Weizensorten, rund 90 Prozent der Maissorten, 85 Prozent der Reissorten. Von der Konvention ebenfalls nicht erfaßt sind die Sammlungen botanischer Gärten, die 70 bis 80 Prozent aller höheren Pflanzen der tropischen Region beherbergen, Zoos mit ihrer Vielzahl von Tierarten sowie die ebenfalls sehr umfangreichen mikrobiologischen Sammlungen. Auf diese Bestände haben private Nutzer, in der Mehrzahl multinationale Pharma- und Nahrungsmittelfirmen, freien Zugriff. Auf die Entwicklungsländer kommen hingegen wegen der Patentierbarkeit von Lebewesen noch nicht absehbare Kosten zu. Erste Schätzungen sprechen von 60 Milliarden US-Dollar – eine dem jährlichen Schuldendienst aller Entwicklungsländer vergleichbare Summe.
Bei der 3. Vertragsstaaten- Konferenz in Buenos Aires im November aber werden diese Fragen wohl keine Rolle spielen. Heißester Diskussionspunkt werde die Finanzierung der Konvention werden, sagte der Leiter der deutschen Delegation aus dem Umweltministerium, Michael von Websky, auf einer Veranstaltung am Donnerstag. Markus Dufner
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