Bittere Pläne bei Schokoladen-Hersteller Ludwig

■ Im Quickborner Werk werden mehr als zwei Drittel der Beschäftigten entlassen

Bitterschokolade ist dieser Tage Trumpf bei den ArbeitnehmerInnen des Süßwarenherstellers Ludwig: 150 der 210 Beschäftigten des Werks im schleswig-holsteinischen Quickborn sollen bis Ende 1998 entlassen werden. Der Konzern will die Produktion nach Osteuropa verlagern.

„Schokolade wird dort produziert, wo sie gegessen wird“, verkündete das Management das neue Firmencredo bei einem Gespräch mit dem Gesamtbetriebsrat. Und verzehrt werden die Süßigkeiten aus dem Hause Ludwig hauptsächlich von osteuropäischen KonsumentInnen, die ihren Nachholbedarf bezüglich kleiner Naschereien zwischendurch mit „Trumpf“-Schokolade und „Mauxion“-Pralinen befriedigen.

Die Bilanzen der Firma Ludwig sprechen eine deutliche Sprache: Um satte 65 Prozent stieg das Auslandsgeschäft in den vergangenen zwölf Monaten. Der Konzern erwirtschaftete einen Gewinn von 19 Millionen Mark. Doch die 1040 ArbeitnehmerInnen in Quickborn sowie in Aachen und Saarlouis sollen davon nicht profitieren – im Gegenteil.

Bereits im Juli war der Süßwarenhersteller bundesweit in die Schlagzeilen geraten. Damals versuchte der inzwischen verstorbene Firmeninhaber Peter Ludwig, seinen Beschäftigten unter Androhung einer Standortverlegung nach Polen einen lohnpolitischen Streichkatalog zu diktieren.

Ohne Lohnausgleich zwei Arbeitsstunden mehr pro Woche, drei Tage weniger Jahresurlaub und der Wegfall jeglicher Überstundenzuschläge – im Tausch dafür offerierte Kunstmäzen Ludwig eine dreijährige Beschäftigungsgarantie. Doch die ArbeitnehmerInnen in Quickborn und Saarlouis ließen sich vom Schokoladenfabrikanten nicht durch den Kakao ziehen. Sie lehnten ab.

Die Strafe folgte nun verdächtig schnell, sozusagen auf dem Fuße: Im Quickborner Werk bleiben langfristig nur noch 30 bis 50 Arbeitsplätze erhalten; in Saarlouis droht der Abbau von 300 Stellen. Die Produktion von Schokolade, Kaugummi und Pralinen bei „Ludwig Czekolada“ im polnischen Tuczno ist bereits angelaufen. Eine weitere Produktionsstätte soll demnächst in Rußland gebaut werden.

Im Umgang mit den ArbeitnehmerInnen versucht es der Süßwarenhersteller übrigens keineswegs nur mit der Peitsche, sondern auch mit dem Zuckerbrot. Die MitarbeiterInnen der Konzernverwaltung in Aachen, die den umstittenen Streichkatalog mehrheitlich akzeptierten, bekommen zur Belohnung wie gewohnt ihre Süßigkeiten-Pakete an Ostern und Weihnachten (Wert je 50 Mark).

Die widerspenstigen ArbeitnehmerInnen in Quickborn und Saarlouis werden laut Firmenbeschluß ab sofort auf die zuckrige Sonderzuwendung verzichten müssen.

Doris Heimann