Frauen werden echte Kerle

■ Die Gebrüder Podewitz führten im „Moments“ durch das Beste aus „5000 Jahren guter Unterhaltung“ / Merchandising-Kanonen

Als im alten Ägypten ein Pharao verfügte, es möge gute Unterhaltung geschaffen werden, konnte er nicht ahnen, daß das Volk das Resultat fade finden und fortan bei Vorführungen von Komik einfach daheim bleiben würde. Also arbeitete man lange an einer neuen Form der Witzigkeit, die nach Möglichkeit transportabel sei und somit zum Volk gebracht werden konnte.

5000 Jahre geglückter Mobil-Komik können laut Willi und Peter Podewitz, die an der Entstehung entscheidend mitgewirkt haben, inzwischen verzeichnet werden, wovon die Bremer Brüder am Samstag ein abendfüllendes Destillat ins „Moments“ brachten. Daß ordentlich gelacht wurde, hatten sie nicht dem Zufall überlassen.

Zu Beginn der Veranstaltung durchschritten sie im feschen Military-Look das Publikum und entdeckten überall alte Lach-Veteranen. Einer war da, obwohl er in vergangenen Schlachten beim politischen Kabarett schon „zweimal schwer betroffen“ wurde und sogar bei der Stange blieb, als unvermittelt Liedermacher, „die nicht auf unseren Karten eingezeichnet waren“, mit altem DDR-Liedgut auftauchten. Derweil machten sie sich keine Illusionen, warum es wirklich so voll war: „Wir veröffentlichen unsere Gästeliste bald als Buch. Der erste Band erscheint demnächst: A-F.“ Aber auch die Neulinge wollte man stählen: Durch den Auftritt würden alle zu Männern gemacht werden. „Auch die Frauen.“ Vor der Pause allerdings wurden die Zuschauer erstmal zu Schachfiguren erklärt: Die Podewitz-Brüder unterteilten ihr Publikum in Bauern, Könige etc. und brachten mit Befehlen wie „Läufer auf A6!“ die Sitzordnung durcheinander.

Hauptakteur Willi Podewitz hat seine Texte mittlerweile so oft gelesen, daß er sie auswendig kann. So geriet der Abend zu einer Mischung aus zappeligen Stand-up-Tiraden und traditionellen Sketchen. Kräftig wurde das an den Pranger gestellt, was da schon lange hingehörte. Zum Beispiel der Sommer. Eine Jahreszeit, die sich durch nichts anderes auszeichnet, als daß haufenweise Einradfahrer und Jongleure in ihren Ringel-T-Shirts die Straßen unsicher machen, und die Damenwelt ihre „Wickelröcke“ zur Schau stellt. „Da fragt man sich: Ist das der Bauchnabel oder das Loch zum Fettabsaugen?“ Ferner bekamen die Allgegenwärtigkeit Hans Meisers („Und täglich grüßt das Murmeltier“) und das Geschwafel in Männergruppen ihr Fett weg. Wenn Willi Podewitz als Proll-Imitation fragte, was Frauen und Gummistiefel im Watt gemein hätten (Antwort: „Quatsch-quatsch-quatsch...“), konnte man sich selbst natürlich fragen, ob man über die Darstellung oder die Aussage lachte.

Gelacht wurde jedenfalls reichlich, und so gab es als Zugabe noch den alten Podewitz-Klassiker über echte und falsche Freunde bzw. rauchende Kaffee- und nichtrauchende Teetrinker. Die schönsten Sätze daraus lauten freilich: „Tee ist kompliziert und schmeckt scheiße“ und „Die meisten Raucher sterben nicht an Krebs, sondern erfrieren auf Balkonen“. Beide Sprüche boten die geschäftstüchtigen Komiker danach auf T-Shirts zum Verkauf an. Ersteren gab es auch als Kaffeetasse, letzteren leider nicht als Aschenbecher.

Andreas Neuenkirchen