„Differenz muß sein“

■ Podiumsdiskussion zu den Perspektiven der Universität Fritz-Vannahme: Unis brauchen Eingangs-Prüfungen

Zum ihrem 25. Geburtstag lud die Universität am Freitag zu einer öffentlichen Diskussion ein und bat Hochschulleute aus Bremen, Oldenburg und Groningen sowie den ZEIT-Journalisten Joachim Fritz-Vannahme um Meinungen zum Thema: Wie kommt die Uni ins Jahr 2.000? Die Probleme der deutschen Hochschullandschaft sind auch in Bremen gegenwärtig. Darüber herrschte Einigkeit. Die zentrale Frage war: Wie gestaltet sich Hochschule als Massenuniversität neu, ohne daß die Qualität der Lehre leidet?

„Sie fordern Zulassungsbeschränkungen für Studierende“, ging die Frage an Fritz-Vannahme, „wollen Sie ein Elite-Studium herbeiführen?“ Der verneinte, er verteidige weiterhin das Ideal, möglichst viele in das höhere Bildungssystem hineinzulassen. Er trete hier aber selbstbewußt als Kritiker von außen an die Uni heran. Solle sie sich doch ebenso selbstbewußt zeigen und endlich verschiedene Reformansätze vollziehen: „Die Eingangsprüfungen, die ich fordere, sind nichts anderes als solche Differenzen.“

Freilich bestimmt seit den 70er Jahren das Postulat der Gleichheit die Diskussion. Das ließe sich doch überwinden, so Fritz-Vannahme. Er wolle dem jetzt auch kein anderes Postulat entgegensetzen, nur: Differenzen müssen sein. Allein hochschulinterne Eingangsprüfungen könnten die studentischen Unterschiede sichtbar machen. Das Abitur, das durch Kurssysteme bestimmte Talente fördere, habe denselben Sinn. Prüfungen sind keine Selektion an der Hochschulpforte: „Prüfungsgespräche sind Vereinbarungen zwischen den Lehrenden und den Studierenden, was in den nächsten Jahren zu arbeiten ist. Sie lernen sich kennen, das kann nicht falsch sein“, so Fritz-Vannahme.

Finden die Eignungstests allerdings erst nach zwei Probesemestern statt, wird der Studierende, wenn er nicht besteht, die Semester verlieren, und ihm bleibt obendrein das Studium für immer verwehrt. So wird es in Belgien gemacht, berichtete Laurence Gormley aus Groningen. In den Niederlanden habe man immerhin schon durch straffe Bildungsangebote erreicht, daß nur noch durchschnittlich fünf Jahre studiert wird.

Fritz-Vannahme sollte das letzte Wort behalten: „Erst wenn die Universitäten hier eine ähnliche gesellschaftliche Rolle spielen wie in Amerika“, appellierte er an das Publikum und die anderen Referenten, reformiere sich die deutsche Hochschule. Auch in Bremen könne die Universität verlangen, daß der Staat zwar die Bildung finanziere, sich aber aus der Wissenschaft heraushalte. Denn Legenden wüßten besseren Rat als der Staat: Rheinische Winzer des Mittelalters pflanzten amerikanische Reben zwischen die eigenen, um den europäischen Mehltau zu bekämpfen. Keiner spreche deshalb gleich vom rein amerikanischen Wein.

Der AStA-Vorsitzende Christian Marx äußerte als einziger Kritik an der Debatte. So „neoliberalistisch“ sie sich hier darböte, hätte sie wohl kaum Alternativen anzubieten. Alle Reformansätze würden nur die Studierenden weiter aus der paritätischen Ordnung herausdrängen. Konkrete Lösungsvorschläge konnte der AStA-Vorsitzende aber auch nicht anbieten. kp