Press-Schlag
: Der Bundesligadoktor

■ Müller-Wohlfahrt muß befördert werden

Es ist kaum zehn Jahre her, da fragte man sich gelegentlich, wer wohl dieser smarte Bursche sei, der, obwohl eindeutig nicht Lattek und nicht Hoeneß, wie selbstverständlich auf der Bayern-Bank herumsaß. Der neue Co-Trainer? Torwart-Coach? Der Ersatzspieler-Kopfballtrainer? Erst wenn der Mann energisch aufsprang, auf den Platz hetzte und so kundig an Sören Lerbys Bein herumfummelte, daß dieser Sekunden später den nächsten Gegner niedergrätschte, war klar: Das ist der Doc.

Inzwischen kennt fast jeder Müller-Wohlfahrt, und seit er Jürgen Klinsmann dermaßen wunderheilte, daß dieser beim EM-Finale wenigstens stehen und seine Kameraden der Queen vorstellen konnte, erlangte der Orthopäde vollends Weltruhm. Zumal er es nebenher noch schaffte, nach Wimbledon zu eilen und völlig korrekt zu diagnostizieren, daß in Boris Beckers Handgelenk eine Sehne gerissen war. Längst bestimmt Müller-Wohlfahrt auch die medizinischen Geschicke der Fußball-Nationalmannschaft, und von nah und fern eilen Sportler herbei, um ihre Adduktoren und Patellasehnen vom Münchner Medizinmann begutachten zu lassen.

Das schafft Probleme. Man stelle sich vor, Friedrich der Große und Maria Theresia hätten denselben Leibarzt gehabt. Den Siebenjährigen Krieg hätte es mit Sicherheit nicht gegeben. Ebenso wie Staaten sind Bundesligaklubs große Wirtschaftsunternehmen, und da mag es nicht verwundern, daß die Konkurrenten nicht gerade glücklich sind, wenn der Bayern-Arzt ihre Stars scharenweise in Gips legt.

Zunächst murrte letzte Saison Werder Bremen, als Müller- Wohlfahrt unbedingt den Basler operieren wollte, danach geriet der Münchner vor allem Borussia Dortmunds Mannschaftsarzt Achim Büscher in die Quere. Zum Beweis für eine Fehldiagnose des Kollegen schickte Müller-Wohlfahrt die Sammerschen Muskelbündel im Internet herum, endgültig vergrätzt war der Dortmunder, als der Bayern- Medicus den harmlosen Kapselanriß von Rene Schneider als zu gipsenden Syndesmosebandriß entlarvte und der Borussen-Profi harsche Worte fand. „Es kann nicht sein, daß ein Arzt wie Dr. Büscher beim deutschen Meister arbeitet.“ Dies ist nun auch nicht mehr der Fall, denn Büscher legte empört sein Amt nieder.

Dr. Müller-Wohlfahrt rechtfertigt sich damit, daß er ja nur seine ärztliche Pflicht erfülle und denen helfe, die verzweifelt Rat suchen. Dennoch liegt auf der Hand, daß es so nicht weitergehen kann. Es ist höchste Zeit, daß der Münchner offiziell zum Vereinsarzt sämtlicher 18 Bundesligaklubs ernannt wird. Mayer-Vorfelder proudly presents: „Der Bundesligadoktor“. Mit eigener Fernsehserie, versteht sich. Matti