General bläst zum Rückzug

■ Bezirksgebietsreform: Innensenator Schönbohm (CDU) denkt darüber nach, wie die Bezirke zu beteiligen wären. Mega-Bezirke entzweien die Regierungsparteien

Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) relativiert die forschen Pläne zur Bezirksgebietsreform. Der Exgeneral hält nichts davon, die Halbierung von 23 auf zwölf Bezirke auf dem formal-parlamentarischen Weg durchzuziehen. Kommunalgrenzen seien eine „politische Frage“, die nicht ohne die Bezirksbürgermeister zu lösen sei, sagte Schönbohm.

Wie berichtet hat der Senatsbeschluß, zwölf Bezirke zu bilden, heftigen Widerstand hervorgerufen. Kritiker befürchten, daß die Bezirke als zweite, demokratisch kontrollierte Verwaltungsebene funktionsunfähig gemacht werden sollen. Berlin ist die einzige bundesdeutsche Großstadt, in der es Kommunalparlamente gibt. Der Wegfall von 11 der 23 Bezirksverordnetenversammlungen wird als Verlust an Demokratie angesehen.

Es läge „kein guter Segen“ über den neuen Bezirksgrenzen, wenn die Bürgermeister ihnen nicht zustimmten, sagte Innensenator Schönbohm. Die kleinen Stadtoberhäupter haben im Rat der Bürgermeister (RdB) gestern erneut deutlich gemacht, daß sie das Verfahren und die gefundene Zahl nicht gutheißen. „Man kann nicht an die Karte Berlins herantreten und dann in die Lostrommel greifen“, kommentierte der Weddinger Bezirkschef, Hans Nisblé (SPD), den Senatsbeschluß.

Formal kann die Versammlung der Bürgermeister allerdings nur Empfehlungen aussprechen. Eine Gebietsreform müßte das Abgeordnetenhaus mit Zweidrittelmehrheit beschließen und dabei zugleich die Verfassung ändern.

Schönbohms Staatssekretär Eike Lancelle (CDU) vermied dem Vernehmen nach, das Reizthema im RdB anzusprechen. Lancelles Zurückhaltung liegt darin begründet, daß in der Innenverwaltung darüber nachgedacht wird, wie die Bezirksbürgermeister zu beteiligen wären. Konkrete Schritte dahin mochte ein Sprecher des Innenressorts noch nicht benennen. Unterdessen zeichnen sich harte Auseinandersetzungen innerhalb der Regierungsparteien um die Gebietsreform ab.

Bei der CDU ließ eine Sprecherin gestern keine Zweifel daran aufkommen, daß der Parteitag der Union am Samstag sich mit den kommunalen Untergliederungen befassen werde. CDU-Generalsekretär Gerhard Lawrentz hält das Halbierungsmodell „für nicht realistisch“. Ausgesprochen reserviert steht auch CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky dem Vorhaben gegenüber.

Bei der SPD werden die Rufe nach einem Sonderparteitag immer lauter. „Wenn die Partei noch ernst genommen werden will, dann muß das sein“, unterstützte Hans Nisblé den Vorschlag von Parteigenossen. „Wenn der Landesvorstand keinen Extra-Parteitag beschließt, machen wir das von unten“, drohte der Weddinger Bürgermeister mit Aufruhr an der Basis. In der SPD-Parteizentrale gibt man zwar einem kurzfristig einberufenen Sonderparteitag keine Chance. Das höchste Parteigremium müsse allerdings die 12er- Entscheidung absegnen, sagte Geschäftsführer Rudolf Hartung. Dabei könne darüber beschlossen werden, so Hartung, „welche zusätzlichen Rechte und Kompetenzen die vielen Großstädte bekommen, die nun gebildet werden.“ Die zwölf Bezirke hätten zwischen 212.000 (Köpenick/Treptow) und 345.000 Einwohner (Schönberg/ Tempelhof). Christian Füller