Tummelplatz der Techniktester

■ Return of the Son of PopKomm: Die Fachmesse „Music Factory“ in Köln wendet sich ganz speziell an die Musiker. Kleinste Marktsegmente werden gebacken

Noch vor Jahren hätte sich eine große Messegesellschaft wohl kaum an einem mit Begriffen wie „Nachwuchsförderung“ und „Kontaktbörse“ vage definierten „Musikertreffen“ beteiligt. Doch der Erfolg der Kölner PopKomm hat die Erkenntnis reifen lassen, daß mit popkulturell unterfütterten Veranstaltungen, die sich das Kommunizieren, Informieren und Amüsieren auf ihre Fahnen schreiben, auch Messen Geld verdienen können. Am vergangenen Wochenende fand in Köln unter dem Motto „Music Factory – Das Musiker Meeting“ erstmals eine neue, als „Publikums-Event“ konzipierte Musikmesse statt. Sie ist das jüngste gemeinsame Projekt der KölnMesse und der MusikKomm GmbH, die an gleicher Stelle ebenjenes inzwischen bestens etablierte Musikbranchentreffen PopKomm und die KlassikKomm (im jährlichen Wechsel mit Hamburg) im Angebot haben.

Auf insgesamt 12.000 Quadratmetern präsentierte sich die bewährte Mischung aus Ausstellungs- – zirka 90 Unternehmen aus der Musikbranche, vor allem Produzenten von Musikinstrumenten, Medien und Anbieter von Bühnen-, Licht- und Studiotechnik – und Event- und Kongreßfläche mit zahlreichen Workshops und Informationsveranstaltungen. Freestyle Battle, Gitarrensolo-Wettbewerb, eine Game-Show mit Bernd Begemann u.ä. sorgten für Trubel und waren ebenso Teil des Rahmenprogramms wie das nach PopKomm-Vorbild initiierte, in diversen Kölner Clubs über die Bühne gebrachte „Factory Fest“.

Allgemein scheint die Einsicht, auch kleinste Marktsegmente erschließen zu müssen, um noch das eine oder andere Format am eigentlich fest aufgeteilten Markt zu etablieren. So besetzt die Music Factory, deren Zielpublikum MusikerInnen im weitesten Sinne sind, eine Nische zwischen dem Medienspektakel PopKomm und der traditionellen, noch als klassischer Orderplatz funktionierenden Frankfurter Musikmesse.

Wer am letzten Wochenende nach Entrichtung des Eintrittspreises von 25 Mark durch den leicht überdimensioniert wirkenden Messebereich schlenderte, dürfte zunächst etwas enttäuscht gewesen sein. Eher hüftsteif und so gar nicht glamourös war das Bild, das die Music Factory auf den ersten Blick bot. Ein zumeist jugendliches Publikum tummelte sich im Ausstellungsbereich und testete neue Synthesizer, Sampler, Drumcomputer wie auch Gitarren und Schlagzeuge. Einen Stock höher demonstrierten namhafte Produzenten, DJs und Musiker konkrete Spiel- und Programmiertechniken. In improvisierten einstündigen Demoproduktionen konnten die neuerworbenen Kenntnisse direkt umgesetzt werden. Panels zu Themen wie Labelgründung, Marketing, Booking u.a. vermittelten ergänzend Informationen, die zu geben Schule und Musikfernsehen weder willens noch in der Lage sind. Sowohl die praxisnahe Konzeption, die Popmusik als ein gekonntes Einsetzen der zur Verfügung stehenden Techniken präsentiert (und damit ein Stück weit entmystifiziert), als auch das deutliche Bemühen um ein eher junges, mit HipHop, Techno, Drum 'n' Bass oder auch Crossover aufgewachsenes Publikum erwirtschafteten der Music Factory ein gewisses Plus im Messesegment. Für die Zukunft der Veranstaltung, die die anvisierte Zahl von mindestens 10.000 Besuchern so gerade erreicht haben dürfte, wird es allerdings notwendig sein, das eher spröde Ausstellungs- und Seminarwesen in ein „Musiker Meeting“ zu überführen, das dem eigenen Anspruch, „Event-Charakter“ zu haben, tatsächlich gerecht wird. Dazu gehört auch, sich Gedanken über ein sinnvoll konzipiertes Festivalprogramm zu machen, das der Music Factory auch außerhalb des Messegeländes ein eigenes Profil verleiht. Peter Scharf