■ Vorlauf
: Das kleine Ökodrama

„Nach uns die Sintflut“, 20.15 Uhr, ARD

Was ich mir ja freiwillig nie angucke, sind Katastrophenfilme, Beziehungsfilme und Kleiner-Junge-mit-großem-Zottelhund-Filme. Wer so was gut findet, ist allerdings nicht gerade optimal bedient mit „Nach uns die Sintflut“. Die Mörderwelle ist nur niedlich und bleibt auch ziemlich weit hinten, und Hochhäuser krachen überhaupt nicht zusammen, weil das Ganze nämlich bloß in St. Peter-Ording spielt. Arzt vögelt Dorfschullehrerin, was seine Gattin nicht begeistert, und minderjährige Tochter bleibt über Nacht weg – Gott ja, das kennt man von zu Hause.

Während der Pressevorführung machte ich ein paar fiese Bemerkungen dem jungen Mann gegenüber, der neben mir saß. Ich fand es eigenartig, daß der verzweifelte Vater am zweiten Tag immer noch frisch rasiert ist und offenbar nur vollbärtige Männer von Greenpeace, altkluge kleine Jungs, sterbende Mütterchen und wollige Hunde das Ausmaß der Katastrophe rechtzeitig begreifen. Nachher stellte sich heraus, daß der junge Mann von Greenpeace war. Gott sei Dank erklärte er, daß die im Film beschriebene Gefahr nicht unmittelbar bevorstünde: Klimaveränderungsbedingt rutscht ein Arktis-Gletscher von der Größe Frankreichs ab, verursacht eine Riesenwelle, die – ratzfatz – die gesamte deutsche Nordseeküste sowie Bremen und Teile Hamburgs verschwinden läßt. Falls was Derartiges passieren sollte, dann eher in der Antarktis. Da war ich beruhigt, aber nicht ganz, weil ich Verwandte in Neuseeland habe.

Im übrigen sind die Gletscherteile, die man zwischendurch abrutschen sieht, nach meinen Berechnungen höchstens so groß wie eine Hallig oder der Jungfernstieg oder ein Fernsehstudio, da will das angenehme Grauen sich nicht so richtig einstellen. Setzen Sie sich also ruhig mit der ganzen Familie vor die Glotze. Ihre Kleinen werden von den vielen Feuerwehrautos und Hubschraubern begeistert sein. Nur eine Stelle scheint mir bedenklich: Als der Hund den Sohnemann in die Kirche hineinrettet, ersäuft er anschließend (der Hund). Da halten Sie Ihrem Nachwuchs einfach kurz die Augen zu. Der Rest ist dann Lindenstraße. Fanny Müller