Nachgefragt
: „Eiertanz machen“

■ Bernd Neumann (CDU) über die SPD

taz: Sie haben den Leitantrag der SPD zu den Privatisierungen auf dem Tisch. Der ist ja schon ein Kompromiß, um die ganz harte Ablehnung der Verkäufe zu verhindern.

Bernd Neumann, Vorsitzender der Bremer CDU: Die versuchen, den Eiertanz zu machen.

Ob Kompromiß oder nicht: Kracht mit diesem Antrag die Koalition?

Der SPD-Landesparteitag interessiert mich als CDU-Vorsitzenden ziemlich wenig. Die Grundlage für die Koalition sind nicht die Beschlüsse des SPD-Parteitages, sondern die Koalitionsvereinbarungen und die Beschlüsse des Koalitionsausschusses. Ich habe Verständnis, wenn die SPD ihr Profil zeigen will. Damit ist das aber nicht Beschluß der Koalition. Eines muß die SPD lernen: Es gibt kein imperatives Mandat. Wenn es das geben würde, dann müßten wir sofort die Arbeiten an der Linie 4 einstellen.

Entscheidend ist, ob ein Parteitagsbeschluß dazu führt, daß die sozialdemokratischen Verhandlungsführer erklären müssen, daß sie die Absprachen nicht mehr einhalten können.

Wo liegen denn die Konflikte?

Es sind zwei: Zum einen gibt es die Formulierung „vor einer eventuellen Umwandlung in eine AG keine Anteile der Gewoba an private Dritte zu veräußern“. Nun haben wir allerdings auf der Basis der Koalitionsvereinbarung beschlossen, rund 24 Prozent der Anteile an der Gewoba zu veräußern und das möglichst unverzüglich.

Vor einer Umwandlung.

Ja, schließlich behält die Stadt die Mehrheit, und zweitens dauert eine Umwandlung in eine AG zwei, drei Jahre. Wir brauchen aber jetzt Geld in der Kasse. Das hat in der Koalition noch nicht mal Zoff gegeben. Die haben alle mitgestimmt.

Das zweite ist die Sache mit der Bremischen. Im Protokoll des Koalitionsausschusses steht: „Dafür sind unverzüglich bis zu 49,9 Prozent der Anteile an der Bremischen in 1996 zu veräußern, bei sofortiger Ausschreibung, die auch die Beteiligung an der unternehmerischen Führung einschließt, um einen Erlös von hundert Millionen Mark anzustreben.“

Der Hintergrund: Die Bremische wird auf rund 140 Millionen Mark geschätzt. Wir brauchen eine Milliarde Mark, 600 Millionen für das Vulkan-Risiko, 400 für den Stadtreparaturfonds. Scherf und Nölle hatten sich schon abgesprochen und gesagt, mit 49,9 Prozent könnten wir 100 Millionen erzielen. Da habe ich gesagt, daß ich das nicht verstehe, wenn das Ganze nur 140 Millionen wert ist. Da haben die gesagt, der SPD-Beschluß (den Verkauf auf 49,9 Prozent zu begrenzen, d.Red) würde eingehalten, wenn die unternehmerische Führung zum wesentlichen Teil in private Hände geht. Wir kriegen die hundert Millionen doch nur, wenn derjenige, der da einsteigt, auch das Sagen hat.

Die SPD sagt, von einem solchen „Stichentscheid“ sei nie die Rede gewesen.

Beschlossen haben wir das nicht. Mich interessiert nur, daß die 100 Millionen zusammenkommen. Wenn sich einer darauf einläßt, das für nur 49,9 Prozent zu bezahlen – ok.

Auf einem Parteitag einen Vertrags-Stichentscheid abstimmen zu lassen, das halte ich sowieso für bescheuert. Das kann man nicht machen. Irgendwie muß das Land doch noch handlungsfähig sein. Wie die SPD das intern klarkriegt, das ist ihre Sache. Die können doch nicht die CDU zwingen, SPD-Parteitagsbeschlüsse umzusetzen.

Sind Sie von diesem Vorstoß überrascht?

Nein, das ist der Zustand der SPD in Bremen. Das Problem dieser Koalition ist die miserable interne Verfassung der SPD. Die hat sich nach der verlorenen Wahl nie richtig reformiert. Sie hätte eigentlich in die Opposition gemußt.

Fragen: Jochen Grabler