SPD auf Krawallkurs

■ Privatisierungen: Landesvorstand geht in den Koalitions-Konflikt (s.„Nachgefragt“) / Fraktionschef steht im Regen

Die umstrittene Teil-Privatisierung der Bremischen sorgte gestern noch kurz vor dem SPD-Landesparteitag in Bremerhaven für erheblichen Ärger in der Parteispitze. Nachdem bereits Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU) die Privatisierungen zur Koalitionsfrage erklärt hatte, scheinen sich nun der Landesvorsitzende Detlev Albers und Fraktionschef Christian Weber in den Haaren zu liegen. Zumindest tat sich Albers in einem Interview mit Radio 107.1 höchst schwer, dem Genossen Fraktionsvorsitzenden die Absolution zu erteilen.

Die Parteiführung wurde erst durch erhebliche Unruhen an der Basis dazu gezwungen, klare Position zu dem von der CDU angemahnten Letztentscheidungsrecht („Stichentscheid“) für einen zukünftigen Teilhaber an der Bremischen zu beziehen. Auf die Frage, ob nun Webers Position, der den Stichentscheid mit formuliert hatte, in Partei und Fraktion wackele, tat Albers alles andere, als sich vor den Fraktionschef zu stellen. Das sei keine Angelegenheit für einen Landesparteitag, wich der Bremer Chefgenosse aus. Kein klares Ja zu Weber. Albers übte sich stattdessen in Schadensbegrenzung für die Partei. Der Landesvorstand werde dem Parteitag einen Leitantrag zur umstrittenen Teilprivatisierung der Wohnungsgesellschaft vorlegen. Er, Albers, erwarte, daß die Delegierten diesen akzeptieren werden. Doch schon allein der Titel des Antrages ist ein Affront gegen Weber. „Klug führen statt nur verkaufen“ heißt die Überschrift, und die ist just einem Positionspapier Webers aus dem Frühjahr entnommen, in dem er sich noch gegen Privatisierungen ausgesprochen hatte.

Am Dienstag abend war der SPD-Landesvorstand von den Privatisierungs-Beschlüssen der Koalition abgerückt. Zwar gibt es kaum noch prinzipielle Einwände gegen die Privatisierungen, aber beim Thema Bremische wollte der Leitantrag des Parteivorstandes eine wesentliche Änderung. Der umstrittene Stichentscheid solle vom Tisch (s. dazu „Nachgefragt“ mit CDU-Chef Bernd Neumann).

Nun bemüht sich wiederum Fraktionschef Weber um koalitionäre Schadensbegrenzung. „Wir müssen die Frage nach dem Stichentscheid tiefer hängen“, sagte er gestern zur taz. Nun müsse abgewartet werden, was mögliche Interessenten für die Bremischen bieten. „Und da setze ich ganz auf eine bremische Lösung“. Ein bremisches Unternehmen sei nicht daran interessiert, mit der Anteilseignerin Stadt in einen harten Konflikt zu gehen. Und in Richtung CDU: „Man muß nicht bei jedem Ding mit der Koalitionsfrage spielen.“

Jeti/J.G.