Schlimme Russen

■ Was das ZDF so alles für Berlin hält: Harald Juhnke recherchiert als Krimiautor Friedemann Brix hart am Klischee, derweil Ben Becker auf Subkultur macht

Ab sofort ist Berlin öffentlich- rechtliche Hauptstadt der donnerstäglichen Vorabendunterhaltung. Mit dabei zwei der sogenannten Originale: In der „Praxis Bülowbogen“ kleistert Günter Pfitzmann alias Dr. Brockmann schon seit längerem Trostpflaster auf die Seelen seiner Patienten – ab heute menschelt das ZDF zurück.

Für insgesamt zehn Folgen holten sich die Mainzer Serienmacher den Mann vor die Kamera, dem das Gütesiegel des Urberliners anhaftet wie das Kaugummi dem Schuh. In „Eine Schwäche für Mord“ spielt Harald Juhnke den erfolgreichen Krimiautor Friedemann Brix, der als Hobbydetektiv auf eigene Faust die Metropole des Verbrechens aufräumt. An seiner Seite die aus Mainzer Perspektive personifizierte Subkultur Berlins: Ben Becker, der auf der Pressekonferenz biertrinkend bekanntgab, jetzt auch Musik zu machen: „Velvet Underground mit deutschen Texten“. Vorher muß er aber noch den treudoofen Automechaniker und Exknacki Bommel mimen, eine Art straßentaugliche Version des Doktor Watson.

Leider scheitert das bekannt schwierige Unterfangen, Stereotype abzubilden, ohne dabei reaktionär zu werden, auch diesmal. Nachdem ein Mörder in der ersten Folge Friedemanns Roman als Metzelvorlage genommen hat, macht sich Harald Juhnke (laut Gong „trotz seiner wiederkehrenden Alkoholexzesse nicht unterzukriegen“) auf den Weg, um den Prostituiertenmord im Alleingang aufzuklären. Wobei er es natürlich gleich mit der gesamten Berliner „Russenmafia“ aufnehmen muß, schließlich herrscht „Krieg auf dem Kiez“.

Auch beim Rest des Drehbuchs fungierte die CDU als Ideengeber: Auch wenn der Mörder am Ende ein Psychopath ohne näher definierte Nationalität ist, hinderte das die Autoren nicht daran, von der Nutte Kalinka bis zum Mafiaboß Nikolai, der in zaristischem Prunk residiert, das gesamte Repertoire spießbürgerlicher Kriminalitätsphantasien abzuspulen, die in dem Satz des ermittelnden Kommissars gipfeln: „Wir räuchern die Russen aus.“ Die Intention der Drehbuchverfasser, „Geschichte mit persiflierenden Elementen“, ist da schon längst erstickt.

Auch dramaturgisch holpert die Story von Szene zu Szene. Gerade noch sitzt Brix in seinem ausgebauten Dachgeschoß, da hockt er schon wieder in einer finsteren Mafiaspelunke und duzt Krethi und Plethi des Großgangstertums. Nicht daß man von einer Vorabendserie knalligen Realismus erwartet, aber zumindest ein Quentchen Stringenz, bitte schön!

Und Herr Juhnke? Oft mutet es an, als würde er seine eigene Rolle selbst reichlich hanebüchen finden. Profimäßig schlawinert er sich durch den Plot. Die „Paraderolle“ mit „Kodderschnauze“, die ihm laut Pressetext verpaßt wurde, läßt ihn im Film eher als steifen Nervbolzen erscheinen. Aber das ist eigentlich auch egal, denn irgendwie kann er ja machen, was er will, man mag ihn trotzdem. Heike Blümner