Schwierige Verhältnisse

■ Polizist soll Dealer verraten haben, daß er observiert wird – Freispruch

Freispruch für eine „schwierige Lebenssituation“. Er: Angestellter beim Landeskriminalamt. Sie: heroinabhängig. Verheiratet. Jutta L. ist für ihren Eigenkonsum auf Dealer angewiesen, ihr Ehemann als Polizist darauf, diese dingfest zu machen. Ein Widerspruch beruflicher und privater Interessen. Im Verfahren gegen Michael L. entschied sich Amtsrichter Hans-Peter Bünning gestern dafür, im Angeklagten L. den fürsorglichen Ehemann und nicht den Amtsmißbraucher zu sehen. Er sprach ihn vom Vorwurf des Dienstgeheimnisverrates frei. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe gefordert.

Michael L., so warf ihm die Staatsanwaltschaft vor, soll auf Bitten seiner Frau im Polizeicomputer recherchiert haben, ob und daß deren Dealer Igor B. observiert werde. Igor B. soll sie um die Info gebeten und sie soll sie ihm dann gesteckt haben. Igor B. wurde dennoch wenige Tage später verhaftet – mit 49 Päckchen Heroin. Für den Angeklagten ist es das beste Argument dafür, daß er nichts verraten haben kann: „Dann wäre B. doch nicht mit 49 Päckchen rumgerannt“, regt er sich auf. Daß er es tat, legt Staatsanwältin Barbara Korth gegenteilig aus: Die Verhaftung sei drei Tage nach Ende der Observation erfolgt, Igor B. folglich über die Dauer informiert gewesen. Und Richter Hans-Peter Bünning vermittelt: So oder so – Igor B. kam ins Gefängnis, die Ermittlung gegen ihn zum Erfolg.

Wie der Richter hatte auch die Staatsanwältin redliche Anteilnahme für den Polizisten gezeigt: Sicher befände sich Michael L. mit seiner süchtigen Frau in einer Ausnahmesituation. Sicher bekomme er viel Elend zu sehen, und sicher habe er seiner Frau helfen wollen, vom Heroin loszubekommen, doch sei er gescheitert. Elke Spanner