Kein Schluß mit Ladenschluß

Nur etwa die Hälfte der Einzelhändler will länger öffnen  ■ Von Stefanie Winter

Nach jahrelangen Verhandlungen tritt heute das neue Ladenschlußgesetz in Kraft. Schluß mit dem Ladenschluß wird künftig dennoch nicht sein. Zwar können die Einzelhandelsgeschäfte von erweiterten Öffnungszeiten Gebrauch machen. Rund die Hälfte der Hamburger Händler – vorwiegend die kleinen und mittleren Betriebe außerhalb der Einkaufszentren – verzichtet aber vorerst darauf. Neue Arbeitsplätze wurden nicht geschaffen. Und von den Beschäftigten wird künftig mehr Flexibilität verlangt.

Viele Betriebe öffnen später, richten Früh- und Spätschichten ein oder verteilen die Wochenarbeitszeit auf vier Tage. Neueinstellungen gibt es bislang nur auf 590-Mark-Aushilfs-Basis – wie auch sonst vor Weihnachten üblich. Wer nach 18.30 Uhr oder samstags nach 14 Uhr arbeitet, erhält einen zwanzigprozentigen Zeitzuschlag – Aushilfen ebenso wie Festangestellte. Der Zuschlag entfällt an den vier Samstagen vor Weihnachten und regelmäßig an einem Samstag im Monat.

In zähen Tarifverhandlungen haben die Gewerkschaften erreicht, daß bestimmte Personengruppen von der Spätarbeit ausgenommen sind – diejenigen, die Kinder unter zwölf Jahren oder pflegebedürftige Angehörige betreuen. Ausgenommen bleibt auch, wer nach dem späten Ladenschluß nicht mehr ohne größere Probleme per Bus und Bahn nach Hause kommt.

Nicht selten und besonders in Firmen ohne Betriebsrat scheuten sich die Mitarbeiterinnen jedoch, diese Rechte auch einzufordern, sagt Lutz Eilrich, Sprecher der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV). Sie bangen um ihren Arbeitsplatz. Und tatsächlich erhielten Verkäuferinnen bereits Angebote der ganz anderen Art. Eilrich weiß von einer kleinen Filiale, die die Gehälter senken will, weil die durch die Spätöffnung steigenden Betriebskosten für Strom und Heizung anders nicht zu finanzieren seien.

Einzelhandelsverbände und Handelskammer erwarten von den erweiterten Ladenöffnungszeiten kaum zusätzliche Einnahmen, sondern nur eine zeitliche Verlagerung des Geschäfts. Daher drängten sie – zum Teil vergebens – im Sinne der kauffreudigen Kundschaft auf einheitliche Öffnungszeiten in Einkaufszentren, Passagen, Stadtteilen und Flaniermeilen. Auch der HVV orientiert sich am zahlenden Kunden und verlängert die abendlichen U- und S-Bahnzüge um den einen oder anderen Waggon. Nur am Samstag wird auch der kürzere Zeittakt der Bahnen bis 16.30 Uhr beibehalten. Die alltägliche Heimfahrt der Beschäftigten ins Hamburger Umland wird hingegen nicht durch verkürzte Taktzeiten erleichtert.