Das Portrait
: Der Künstler gegen das Vergessen

■ Wolfram Kastner

Seit 1954 marschieren die FPÖ und die alten Kameraden der Waffen-SS alljährlich am 1. November mit Musik zum Kriegerdenkmal auf den Salzburger Kommunalfriedhof und legen dort einen Kranz mit der Aufschrift „Den gefallenen Kameraden der Waffen-SS“ nieder. Für den in München lebenden Künstler Wolfram Kastner ist das seit langem ein Ärgernis. Schon 1994 schnitt er in einer Aktion „Scherenschnitt“ ein Stück dieser Kranzschleife ab. Das brachte ihm damals eine Anzeige wegen „Störung der Totenruhe, Friedhofsschändung und Sachbeschädigung“ sowie einen anonymen Anruf ein: „Ihnen schicken wir auch noch eine Briefbombe zu.“

Für Kastner geht es darum, „das Unsichtbare sichtbar zu machen“. Auch in München ist er mit Aktionen mehrmals an die Öffentlichkeit getreten. So brachte er am 9. November 1995 auf dem Rasen des Königsplatzes einen „Brandfleck“ an – als Zeichen der Erinnerung an die Bücherverbrennungen, die 1933 an dieser Stelle stattgefunden hatten.

Als Alternative zu dem Salzburger Friedhofstreffen der SS beantragte Kastner in diesem Jahr die Genehmigung einer „Veranstaltung zur Ehrung der mutigen österreichischen Deserteure aus der deutschen Wehrmacht und der ermordeten Kriegsdienstverweigerer“ – zur selben Zeit und am selben Ort. In seiner Antwort stimmte die Stadt Salzburg im Auftrag von ÖVP-Bürgermeister Dechant zwar „grundsätzlich mit der Zielsetzung der beabsichtigten Ehrung überein“, äußerte aber die Befürchtung, daß „das Zusammentreffen derartiger Ehrungen mit verschiedener Zielsetzung zu unterschiedlichen Reaktionen der Friedhofsbesucher und in der Folge erfahrungsgemäß zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen führen würde“. Da dies mit der Würde des Ortes nicht in Einklang zu bringen sei, könne man die Zustimmung nicht erteilen.

Trotz dieses Bescheids will Kastner heute auf dem Friedhof wenigstens zu einem stummen Gedenken aufrufen. Ab 9 Uhr werden er und fünf weitere Personen auf Schildern und in kleinen Handzetteln an die österreichischen Deserteure und Kriegsdienstverweigerer erinnern. Wer wen provoziert, können sich die Friedhofsbesucher dann vielleicht noch einmal überlegen. Thomas Pampuch