■ Deutschland und Japan sollen in den UN-Sicherheitsrat
: Perfide Instrumentalisierung

Keine Frage: Die Erweiterung des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen ist überfällig. Die Zeit des Siegermächtekartells aus dem Zweiten Weltkrieg, China eingeschlossen, ist längst abgelaufen. Die Reform somit seit Jahren überfällig. Eine Mitgliedschaft Deutschlands und Japans im Sicherheitsrat ist genauso sinnvoll oder unsinnig wie die Englands oder Frankreichs. Die Crux liegt nicht darin, dem wiedervereinigten Deutschland seine neue, auch weltpolitisch bedeutende Rolle abzusprechen. Müßig ist es auch, Deutschland und Japan ihre verbrecherische Rolle beim Ausbruch des Zweiten Weltkrieges vorzuhalten. Beide Mächte haben die demokratische Nagelprobe bestanden. Kriegerische Expansionsabsichten können ihnen nicht vorgeworfen werden.

Der Vorschlag der USA aber, nur Deutschland und Japan für einen Ständigen Sitz im Sicherheitsrat vorzuschlagen, hat eine schwere machtpolitische Schlagseite. Die Ultimativität, mit der dieser Vorschlag vorgetragen wird, nährt den Verdacht, daß Washington vor allem seine engsten Verbündeten im wichtigsten UN-Gremium sehen will. Das aber ist eine weltpolitische Dummheit, auch wenn den neuen Mitgliedern kein Vetorecht eingeräumt werden sollte. Was mit der vermeintlichen Arbeitsfähigkeit des Sicherheitsrates begründet wird, meint allzu offensichtlich Stromlinienförmigkeit im Sog der US-Politik. Das aber ist keine Reform dieses Gremiums, zu der im übrigen die generelle Abschaffung des Vetorechts gehörte, sondern schlicht eine machtpolitische Instrumentalisierung. Das wird die Mehrheit der UN-Mitglieder gewiß auch so verstehen.

Die klammheimliche Freude, die der jetzige US- Vorstoß im Auswärtigen Amt – und vermutlich nicht nur dort – hervorgerufen haben dürfte, könnte sich schnell in bittere Enttäuschung verwandeln. Es ist nämlich höchst unwahrscheinlich, daß sich die erforderliche Zweidrittelmehrheit der UN-Mitglieder, einschließlich der Zustimmung der fünf Vetomächte, findet, wenn so bedeutende Regionalmächte wie zum Beispiel Indien, Brasilien oder Nigeria ausgeschlossen bleiben. Aber vielleicht liegt gerade darin auch die geheime Perfidie des US-Vorschlags. Kommt nämlich keine Einigung über eine Erweiterung des Sicherheitsrates zustande, bliebe alles beim alten. Ungelegen käme das den USA gewiß nicht. Georg Baltissen