Grüne: Finanzpolitische „Chaostage“ in Berlin

■ Sparhaushalt der schwarz-roten Landesregierung wird nicht fertig. Bündnisgrüne rügen aufgeschobenen Bau der NS-Gedenkstätte „Topographie des Terrors“

Berlin (taz) – Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus hat die regierende CDU/SPD-Koalition bezichtigt, den Landeshaushalt in einen „chaotischen Zustand“ manövriert zu haben. Der Senat habe die letzten Jahre nicht „auf dem Raumschiff Enterprise, sondern in der Regierung verbracht“, kritisierte die haushaltspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Michaele Schreyer. Die Aufstellung des Etatentwurfs gleiche „finanzpolitischen Chaostagen“.

Wie berichtet, hatte Berlins Landesregierung in einer siebentägigen Klausursitzung versucht, ein Defizit von sieben Milliarden Mark im 97er-Etat (Gesamtausgaben 43 Milliarden) auszugleichen. Vergeblich. Frühestens kommenden Dienstag soll der Etatentwurf 1997 vorgelegt werden. Inzwischen sind auch die Etatberatungen des Abgeordnetenhauses ins nächste Jahr verschoben worden. Bis Ostern muß der Senat Berlin mit einem Nothaushalt regieren.

Michaele Schreyer griff die Regierungsparteien scharf dafür an, daß sie bereits 1996 ein verfassungswidriges Haushaltsgesetz „durchgepeitscht haben“. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte vergangene Woche mehrere Teile des Gesetzes kassiert. „Nach so einer Watsch'n müßten sie puterrot durch die Stadt laufen“, rief Schreyer SPD und CDU zu.

Heftig umstritten war gestern der Sparbeschluß des Senats, den Neubau der Dokumentationshalle „Topographie des Terrors“ vorläufig zu stoppen. Am ehemaligen Standort von Reichssicherheitshauptamt, Gestapo und der SS- Führung in der Wilhelmstraße soll die bereits aufgeworfene Baugrube bis 2002 brachliegen. Das sei ein „schändlicher Verzicht“, sagte die PDS-Abgeordnete Carola Freundl. „Wer den Bau der Topographie verschiebt, aber eine Olympiaschwimmhalle weiterbaut“, monierte Michaele Schreyer, „stellt der Hauptstadt ein geistiges Armutszeugnis aus.“

Der Fraktionschef der CDU, Klaus-Rüdiger Landowsky, nannte die Bündnisgrüne daraufhin „Schlauschreyer“. Er lasse sich die „Aufarbeitung des Dritten Reichs“ nicht vorhalten, sagte Landowsky. Die CDU könne das am besten. Er verlangte, daß Berlin für die Gedenkstätte Topographie mehr Unterstützung aus Bonn erhalten muß. Ignatz Bubis und die Stiftung Topographie wandten sich gegen den Stopp des Neubaus, der 1998 fertig sein sollte. Christian Füller