Schwimmhallen zu Spaßbädern

Die Bäder GmbH will 17 der 77 Bäder schließen und 350 Stellen abbauen. In Prenzlauer Berg aber sieht man nun Chancen für das Stadtbad Oderberger Straße  ■ Von Kathi Seefeld

Zur Mitternachtssauna lockt neuerdings die Schwimmhalle in der Friedrichshainer Weinstraße, und im gestern wiedereröffneten Hallenbad in der Wuhlheide betreiben die Mitarbeiter jetzt ein kleines Café. Das einstige 25-Meter-Becken wurde umgebaut. Vor allem Familien mit Kleinstkindern oder auch Behinderte können sich nunmehr auf zwei mal zwölf Metern mit Wasserfall und lustiger Spiellandschaft tummeln.

Das neueröffnete Bad in der Wuhlheide hat ebenso wie das Reinickendorfer Paracelsus-Bad oder die Schwimmhalle an der Tempelhofer Götzstraße gute Chancen, auch in Zukunft in der Hand der seit Anfang des Jahres existierenden Berliner Bäder Betriebe (BBB) zu bleiben. Doch 17 andere der 77 Berliner Einrichtungen will die Holding schnellstmöglich privatisieren oder schließen, die Zahl der Mitarbeiter von 950 auf etwa 600 reduzieren.

„Die massiven Einsparungen im Land zwingen dazu“, äußerte BBB-Aufsichtsratsmitglied und Jugendstadtrat von Reinickendorf, Wolfgang Brennecke (SPD). Heruntergekommene sanitäre Anlagen, bauliche Mängel, nicht zuletzt ein wenig anspruchsvolles Angebot oder Mitarbeiter, die sich beim Einwechseln von Groschen für die Fönautomaten überfordert fühlen, will und kann sich die Stadt nicht mehr leisten.

Die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt werden auch in den kommenden Jahren nicht mehr als 104 Millionen Mark betragen. Und 1996 reichte das Geld zuzüglich der Einnahmen durch den Verkauf von Eintrittskarten in Höhe von etwa 20 Millionen Mark gerade, um den Bäderbetrieb aufrechtzuerhalten.

Für einige Bäder könnte die Privatisierung das Erwachen aus einem langjährigen Dornröschenschlaf bedeuten. Für das Stadtbad Hubertus interessiert sich beispielsweise die Geschäftsführung des Lichtenberger Oskar-Ziehten- Krankenhauses. Und bessere Chancen für die Sanierung und Wiedereröffnung des Stadtbades Oderberger Straße in Prenzlauer Berg sieht nun der Kiezaktivist und PDS-Abgeordnete Bernd Holtfreter.

Die Finanzierung des Konzeptes in Höhe von 25 Millionen Mark würde eine Nichtberliner Landesbank als Kommunalkredit übernehmen, so Holtfreter. In Kürze solle es Gespräche zwischen der Bürgerinitiative Stadtbad Oderberger Straße und Finanzsenatorin Fugmann-Heesing über einen städtischen Mietanteil am Betrieb des historischen Bades geben.

Anderenorts aber hagelt es Kritik an den Privatisierungs- und Schließungsabsichten. Natürlich fehle es an Mitteln zur Sanierung und natürlich ärgere man sich über den Zustand der Bäder hier und da, gibt der in Köpenick für die Bäder zuständige Bereichsleiter Steffen Senkbeil zu. Schließungen aber verursachten ebenfalls Kosten, beispielsweise für Wachschutz und Winterfestmachung.

Die Privatisierung der Bäder als einzigen Weg zu preisen, sei aber deshalb ein Skandal. „Eine massive Privatisierung kann schnell zu einer Kommerzialisierung führen. Viele Berliner, besonders Familien mit Kindern, werden sich regelmäßige Badbesuche nicht mehr leisten können.“

Köpenick hatte genau wie Reinickendorf und Pankow vor Gründung der Berliner Bäder Betriebe beabsichtigt, seine Schwimmstätten in eigener Regie zu führen. Man wollte beweisen, daß dies sehr viel kostengünstiger ist, als die vom Senat vorgeschlagene Variante. „Das Bad in der Wuhlheide, mit dem sich die BBB jetzt schmückt, ist ein rein bezirkliches Produkt“, betont Senkbeil stolz.

Nicht nur das Konzept wurde in Köpenick entwickelt, auch die Umsetzung innerhalb von drei Jahren erfolgte mit Mitteln des Bezirkes. „Natürlich hätten wir uns nach Gründung der Bäder Betriebe hinstellen können: Bitte schön, baut ihr weiter. Aber dann hätte hier vermutlich gestern niemand in die Fluten steigen können.“ Darüber hinaus sei unter den Bedingungen der Landeshaushaltsordnung einfach nicht möglich gewesen, was jetzt unter dem Druck geplanter Schließungen an Einfallsreichtum vorhanden sei. „Ich weiß allerdings nicht, ob man eine Bäderholding gründen mußte, nur um nun in einer Schwimmhalle Kaffee verkaufen zu dürfen.“

Letztlich, so Senkbeil, war die BBB-Anstalt ein Produkt, in das dann doch alle Bezirke nur deshalb einwilligten, weil das Konzept zur Umstrukturierung vor gut einem Jahr weder Bäderschließungen noch Preiserhöhungen vorsah und die kostenlose Nutzung der Bäder für Vereine, Schulen und Kitas weiterhin garantiert wurde. „Da konnten wir mitgehen.“

Doch von den Versprechungen des damaligen Sportsenators Jürgen Klemann (CDU) sei wenig geblieben. Die Eintrittspreise stiegen rapide, besonders Saisonkartenbesitzer, die im Westteil der Stadt 160 statt bisher 65 Mark und im Ostteil 140 statt 50 Mark auf den Tisch legen durften, hatten in Anbetracht eines kühlen Sommers wenig Gelegenheit, ihre Investition umzusetzen.