„Frühe Versäumnisse“

■ Aldo Ajello, EU-Sondergesandter in Zaire, will Korridore für die Flüchtlinge schaffen

taz: Herr Ajello, müssen wir mit einem offenen Krieg zwischen Zaire und Ruanda rechnen?

Aldo Ajello: Das Risiko war immer vorhanden. Was jetzt geschieht, ist eine ernste Bedrohung für die ganze Region. Wenn der Konflikt zwischen Ruanda und Zaire eskaliert, sind alle betroffen, keiner entkommt. Wir versuchen einen humanitären Korridor zu öffnen, damit die Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren können. Denn die Flüchtlingsströme sind nicht nur ein humanitäres Problem, sie sind Bestandteil des politischen Problems. Die ruandische Regierung hat sich bereit erklärt, ihre Grenzen zu öffnen, damit die Flüchtlinge zurückkehren können. Das ist aber auch einzige Punkt, in dem sich ruandische und zairische Regierung einig sind.

Manche behaupten, daß der Konflikt solange weitergeht, bis die Flüchtlinge entweder in Zaire von der Grenze zurückgedrängt oder wieder in Ruanda sind.

Es besteht kein Zweifel, daß diese Masse von mehr als einer Million Flüchtlingen, unter denen sich ja auch noch ehemalige Armeeangehörige und Milizionäre befinden, für die ruandische Regierung eine Bedrohung darstellt. Die ruandische Regierung hat schon früher an die internationale Gemeinschaft appelliert, das Flüchtlingsproblem an der Grenze zu lösen. Aber die internationale Gemeinschaft konnte oder wußte nicht, wie sie eingreifen sollte. Nun hat sich die Lage durch das Problem der Banyamulenge verschärft. Die Frage der Staatsbürgerschaft dieser Tutsi-Gruppe ist zwar ein internes, zairisches Problem. Es ist nun aber ein Problem für die gesamte Region geworden.

Wie sehen Sie ihre Aufgabe als Sonderbeauftragter der EU??

Ich bin hier, um unsere Dienste anzubieten. Wir versuchen einen Verhandlungstisch zu schaffen. Die betroffenen Länder müssen versuchen, am Verhandlungstisch zu verhindern, daß aus einem versteckten Krieg nicht doch ein offener entsteht. Interview: Andrea Köhler