Ohnmacht der Ahnungslosen

■ Der Krieg in Zentralafrika kommt nicht überraschend

Es ist jedesmal dasselbe. Eine politische Krise in Afrika wird vom Rest der Welt so lange ignoriert, bis sie in eine humanitäre Katastrophe mündet. Wenn dann wieder einmal Fernsehbilder von hungrigen, verängstigten Flüchtlingen um die Welt gehen, erklären Politiker von Industrienationen, es müsse nun wirklich etwas getan werden. Ganz dringend. Nur was?

Die Entwicklung in Afrikas Zentrum kommt nicht überraschend. Mehr als zwei Jahre lang haben Beobachter, Diplomaten und auch Politiker wie Tansanias ehemaliger Präsident Nyerere vor der Explosion eines Pulverfasses gewarnt. Zugehört hat niemand. Inzwischen ist fraglich, ob überhaupt noch etwas getan werden kann, um einen Flächenbrand zu verhindern. Der beginnende Krieg zwischen Ruanda und Zaire droht Burundi und Uganda in Mitleidenschaft zu ziehen. Wenn Zaire zerfällt – was so sicher allerdings nicht ist, wie eilfertige Fernsehmoderatoren in diesen Tagen verkünden –, dann verändert sich die politische Landkarte des gesamten Kontinents.

Die Vielzahl der Konflikte, die eng miteinander verwoben sind und dennoch getrennt voneinander betrachtet werden müssen, ist für Außenstehende kaum noch durchschaubar. Es geht um Macht- und Verteilungskämpfe. Auf allen Seiten gibt es Täter und Opfer. Aber das Problem der von Zaire völkerrechtswidrig ausgebürgerten Tutsi- Minderheit ist ein anderes als das der in Ruanda regierenden Tutsi, die Angst vor einem Umsturzversuch des alten Regimes haben – um nur zwei Beispiele herauszugreifen.

Es hätte zäher internationaler Diplomatie bedurft, um die Situation zu entschärfen. Wenn doch wenigstens die Drahtzieher des Völkermords von 1994 zur Rechenschaft gezogen worden wären! Aber bis heute ist vom Internationalen Gerichtshof kein einziges Urteil gefällt worden. Außer die Opfer interessiert das kaum jemanden.

Derzeit gibt es nur wenig gesicherte Informationen über das Geschehen. Völlig unklar ist außerdem, und das ist noch weit gefährlicher, welche Ziele die Kontrahenten eigentlich verfolgen. Wer agiert – wer reagiert? Der Rest der Welt weiß nicht wirklich, was vorgeht. Das liegt daran, daß er es allzu lange auch gar nicht wissen wollte. Aus solch einer Situation heraus läßt sich schwer handeln. Bettina Gaus