Komplett spaßbereinigt

■ Werder Bremen und der Hamburger SV torlos, freudlos, ideenlos

Bremen (taz) – Am Ende hatte Werder-Trainer Hans-Jürgen Dörner noch nicht einmal Trost bereit für das Bremer Publikum. Im Gegenteil. Gerade war seine Mannschaft unter einem gellenden Pfeifkonzert vom Rasen geschlichen. Gerade hatte sie ein mickriges 0:0 gegen den HSV zusammengestopselt. Gerade hatte Shooting- Star Christian Brand mit bedröppeltem Gesicht erzählt, in welchem Stimmungstief die Mannschaft sei: Sie hätte offenbar keinen Spaß mehr am Fußball. Und Dörner, sichtlich angefressen nach der erneut schwachen Vorstellung, fiel nicht mehr ein als: „Fußball ist eine ernste Sache, da kann man nicht mit Spaß spielen.“

Werder hat sich daran gehalten, die Hamburger auch. Und einer, der es vielleicht hätte ändern können, durfte den Nachmittag im Trainingsanzug verbringen: Rodolfo Esteban Cardoso, gerade von der Weser an die Elbe gewechselt. Beim Abschlußtraining ereilte ihn ein Schmerz im Oberschenkel, und die Kollegen von der Zeitung mit den großen Buchstaben, geübt im Erkennen psychosomatischer Ausfälle, waren sich einig: Nicht es kneift Cardoso, Cardoso kneift.

Würde die Ligatabelle nach Spielzerstörung berechnet, die Hamburger und Bremer in ihrer Samstagsform stünden weit oben. „Gegen Dieter habt ihr keine Chance“, skandierte das Bremer Publikum. Nur: Mit Dieter ging es auch nicht. Eilts, die Seele der Bremer Mannschaft, die Autorität, die in der Vergangenheit immer wieder das Kommando zum Kämpfen gegeben hatte, wenn es spielerisch nicht lief – eben dieser Eilts ist vor allem eines: müde. Es reicht allemal noch zum Bereinigen der kniffeligsten Situationen. Aber wenn es ans Kombinieren ging, dann zeigte sich auch bei Magic Dieter die im Norden grassierende Ideenlosigkeit.

Die einen wie die anderen stolperten sich nach vorne. Hier ein Preßschlag, da ein Abpraller, ein Fehlpaß hin, ein Fehlpaß her, fast alle Chancen resultierten aus teils grotesken Schnitzern. Kurzum: munteres Zuschauerquälen. Die Hamburger konnten hernach zufrieden sein. „Wir haben uns gut verkauft“, sagte Felix Magath. Bei den Bremern herrschte allerdings Katzenjammer und Ratlosigkeit. „Wer den Ball hat, ist der Dumme“, erkannte Andreas Herzog, und Jens Todt pflichtet bei: „Wenn's nicht läuft, dann verstecken sich alle.“ Vielleicht sollten sich die Werder-Kicker an der Aufschrift der Leibchen orientieren, die sie nach dem Spiel trugen. Es handelt sich um ein Kooperationsprodukt mit dem Bremer Schauspiel: „Alles schreit nach Theater.“ Jochen Grabler