Rote Khmer wechseln die Fronten

■ Ein Teil der Guerilla will zur Regierung überlaufen. Das könnte den jahrelangen Bürgerkrieg in Kambodscha beenden

Bangkok (taz) – Kambodschas Regierung und ein Teil der Roten Khmer haben sich geeinigt: Am Mittwoch dieser Woche sollen Tausende ehemaliger Guerillakämpfer in die staatliche Armee aufgenommen werden. Das erklärten gestern Sprecher beider Seiten.

Gleichzeitig kündigte eine andere Gruppe von Roten Khmer über einen lokalen Radiosender in der Zentralprovinz Kompong Thom an, 3.400 Soldaten und 25.000 Familienmitglieder wollten zur Regierung überlaufen. „Wir wollen den Krieg dringend beenden. Wir haben keine Bedingungen. Wir wollen vor allem Sicherheit und Entwicklung“, heißt es in ihrer Erklärung.

Damit scheint ein Ende des jahrzehntelangen Bürgerkriegs in Kambodscha in greifbare Nähe gerückt zu sein. Die restlichen Roten Khmer unter der Führung von Pol Pot sind offenbar stark dezimiert. Welche Fraktion über wie viele Rote-Khmer-Soldaten noch verfügt, ist noch immer nicht ganz klar. Alle Seiten geben gern überhöhte Zahlen an.

Die gestern angekündigte Übertrittszeremonie soll im ehemaligen Rote-Khmer-Stützpunkt Pailin im Nordwesten Kambodschas stattfinden. Dessen Militärchef hatte sich bereits im August gemeinsam mit dem einst hochrangigen Rote-Khmer-Politiker Ieng Sary von der Guerillaführung um Pol Pot abgespalten. Seitdem hat Ieng Sary über die Bedingungen eines Seitenwechsels mit der kambodschanischen Regierung verhandelt. Der ehemalige Vizepremier und Außenminister erhielt sogar eine königliche Amnestie.

Die Roten Khmer, die von 1975 bis Anfang 1979 das Land regierten, sind für den Tod von über einer Million Menschen verantwortlich.

Premierminister Hun Sen hat wiederholt betont, Ieng Sary dürfe nie wieder eine wichtige Funktion in der kambodschanischen Politik übernehmen. Eine offenbar von dem Rote-Khmer-Funktionär geforderte „autonome Region“ innerhalb Kambodschas erklärte der Regierungschef ebenfalls für undenkbar.

Über die Aufnahmebedingungen für die Roten Khmer streiten sich die beiden Koalitionspartner in der Regierung seit längerem. Ein Konfliktpunkt: Ranariddh scheint bereit, den Roten Khmer auch Führungspositionen in der Regierungsarmee zu überlassen. Das lehnt Hun Sen ab.

In den vergangenen Wochen trafen sich Premier Hun Sen und sein Koregierungschef Prinz Ranariddh getrennt mit Ieng Sary und dessen Militärchefs. Erst am vergangenen Samstag behauptete Ranariddh, er habe „vergessen“, seinen Amtskollegen über seine geheimen Gespräche mit den Roten Khmer zu informieren. Jutta Lietsch