■ Nebensachen aus Terracina
: Handballspielen im Flachschwimmbecken

Der Fall dümpelt seit acht Jahren: Die Mittelschule in Borgo Hermada ist seit 1988 halb fertig – der rechte Trakt einschließlich Turnhalle steht nur als spinnenbeiniges Zementgerüst. Die beauftragte Firma forderte finanzielle Nachbesserungen, die Stadtverwaltung weigerte sich. Bis heute haben die Schüler weder Räume für Werken noch für Musik oder Kunsterziehung. Ganz schlimm steht's mit dem Turnen – ein mit Kies bestreuter Hinterhof für Ballspiele, um die Wette läuft man auf der Straße.

Derlei läßt das Herz des leibesübungsbewußten Teutonen nicht ruhen. Da durch diese Schule seine drei Töchter müssen, macht er sich auf, die Körperertüchtigung zu ermöglichen. Erster Anlauf: Antrag, den Schulhinterhof provisorisch herzurichten, etwa mit einer dünnen Teerauflage. Der Bürgermeister neigt das massige Haupt und schüttelt dann dasselbe: kein Geld da.

Nächster Schritt: Geld sammeln. Tolle Idee, bestätigen alle Eltern – aber keiner rückt nur eine Lira heraus. Davon läßt sich ein bajuwarischer Dickschädel nicht beeindrucken. Gesammelt wird nun bei Kollegen der Auslandspresse in Rom, denen das Ganze als Entwicklungshilfeprojekt für den Mezzogiorno präsentiert wird. So kommen bis Mitte 1994 etwa 9.000 Mark zusammen.

Der Bürgermeister versteckt sich inzwischen bei allen Anrufen. Im November zufällige Begegnung. „Schöne Idee“, sagt er, „nur leider dürfen sich Privatpersonen in die Schulplanung nicht einmischen.“ Ein böser Kommentar des taz-Korrespondenten im Regionalfernsehen bringt den Amtsschimmel doch noch auf Trab: Natürlich nehme man gerne das Geld. Aber zweckbinden könne man es nicht.

Kommt nicht in Frage – Sportplatz oder kein Geld. Sieben Monate vergehen. Nur noch ein Ultimatum bis 31. Oktober (1995) kann helfen. Das verstreicht. Am 15. November Einschreiben an die Verwaltung, daß das Projekt gestorben ist. Tags danach Anruf des Schulleiters: Nun habe die Stadtverwaltung doch alles genehmigt.

Neuer Anfang. Im Juli dann ein herablassender Brief: „Die lobenswerte Initiative des Dr. Raith“ sei im Stadtrat positiv aufgenommen worden, man könne bauen, in enger Zusammenarbeit mit den Behörden. Im September 1996 endlich Baubeginn. Zwei Tage – Stopp. Der Verwaltung ist aufgefallen, daß der Normplatz nicht 40 mal 20 ist, wie auf dem Plan angegeben, sondern 42 auf 22 Meter. Wer aber bezahlt die fehlenden Meter? Gut, noch mal sammeln. Es geht weiter. Und wieder Stopp: Um den Platz herum möchte der Stadtbaumeister eine Zementumrandung. Wer bezahlt? Großzügigerweise will die Stadt was springen lassen.

Ein gutes Zeichen. Denkste. Tags darauf kommen Maurer und bauen die Umrandung – 30 Zentimeter hoch. Da passen locker noch fünfzehn Fuhren Kies hinein, Kosten: 2.000 Mark. An diesem Punkt sind wir nun. Wieder alles gestoppt, die 42 mal 22 Meter große Wanne faßt viel Regenwasser. Vielleicht sollten wir alles umwandeln – kein Handballplatz, sondern ein Flachschwimmbecken? Werner Raith