■ Eine Heidelberger Ausstellung ehrt Liselotte von der Pfalz
: Madame sind ein Rompompel

Heidelberg (taz) – Im Grunde war Roman Herzog wegen einer Frau nach Heidelberg gekommen. Das konnte der Bundespräsident so nicht zugeben, weswegen er sich zunächst brav die Friedrich-Ebert- Gedenkstätte anschaute und mit der Oberbürgermeisterin Beate Weber speiste. Am Nachmittag hielt er sich immer noch ein wenig abseits, denn auch das Band zur Ausstellungseröffnung zu zerschneiden hatte er sich versagt. Das, mag sich der erste Mann im Staat gedacht haben, gelingt Frau Weber mit Unterstützung von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Schäuble bestimmt genausogut.

Die „Große Ausstellung“ zum 800jährigen Stadtjubiläum, die der Frau gewidmet ist, wegen der er ja an den Neckar gekommen war, sah Herzog sich dann aber mit feinem Lächeln auf den Lippen an. Ach, Liselotte! Liselotte von der Pfalz, die im Jahr 1652 im Heidelberger Schloß ihren ersten Schrei tat (vielleicht ein regionaltypisches „hea“?) und am Hofe des Sonnenkönigs Ludwig XIV. im Alter von 70 Jahren den letzten, Liselotte ist dem Herzog aus Deutschland ein wenig ähnlich – nicht nur der Statur wegen. Wie er trug auch sie das Herz auf den Lippen und fand stets eine klare Sprache. „Madame zu sein“, befand sie einst, „ist ein ellendes Handwerck.“

Ansonsten ist das Schicksal der Liselotte von der Pfalz, Kind Heidelbergs, Madame Frankreichs, recht tragisch und nicht mit seiner Karriere zu vergleichen. Das weiß auch Herr Herzog. Die fröhliche junge Frau wurde eben nicht Kurfürst von der Pfalz, sondern im Alter von 19 Jahren gegen ihren Willen mit dem Bruder Ludwig XIV. verheiratet. Sie zog von ihrer Heimat, wo sie besonders die deftigen Speisen liebte, an den affektierten Hof des Sonnenkönigs. Viel zu sagen hatte sie fortan nicht mehr. Sie unterlag nach einiger Zeit den Intrigen der Mätresse und späteren heimlichen Ehefrau des Sonnenkönigs, Madame de Maintenon, für die Liselotte wiederum deutliche Worte fand: „alte Zott“, „alte hex“ oder „rompompel“.

Zunehmend vereinsamt („ich bin in der sclaverey“) schrieb sie Briefe – hochgerechnet auf die 50 Jahre, die sie in Frankreich verbrachte, drei pro Tag. Da sie besonders gerne über die Menschen am Hof herzog, ist es eigentlich verwunderlich, daß sie beim Schreiben manchmal einschlief – wie die Ausrutscher ihrer Feder beweisen...

Die Stadt bezeichnet die Ausstellung der knapp 500 Exponate rund um die Liselotte als „Höhepunkt“ des Jubeljahres „800 Jahre Heidelberg“. Sie würdigt damit unbescheiden eine der „herausragendsten Persönlichkeiten Deutschlands und Europas“. Das verdutzt den geneigten Besucher. War doch die Bedeutung der Lilo eher destruktiver Art. Denn Frankreich führte Ende des 17. Jahrhunderts in Liselottes Namen einen außerordentlich scheußlichen Krieg gegen die Pfalz. Ludwig schob einfach Liselottes Erbansprüche auf die Pfalz vor, auf die sie bei der Hochzeit ausdrücklich verzichtet hatte. Liselotte verzieh dies dem Sonnenkönig nie, so wohl sie ihm auch sonst gesonnen war. Man munkelt, sie sei in ihn verliebt gewesen.

Andererseits, und da wird den Kneipenwirten der Altstadt beim Gedanken an Lilo warm ums Herz, hat die berühmte Tochter indirekt doch irgendwie Gutes für die Stadt bewirkt. Heutzutage strömen nämlich jährlich Tausende und Abertausende hierher, um flüchtig die damals zerstörte Schloßruine zu besichtigen und danach einen ausgiebigen Schluck zu nehmen. – Auf dein Wohl, Liselotte!

Die Ausstellung im Ottheinrichbau des Heidelberger Schlosses ist bis zum 26. Januar 1997 geöffnet. Sonja Striegl