Fragwürdige Fracht um Mitternacht

■ Die ersten gentechnisch manipulierten Sojabohnen für die Hamburger Ölmühle sind gestern im Hafen gelandet

Nun ist sie da, die erste Ladung genmanipulierter Sojabohnen. Zumindest nach den Plänen der Hamburger Ölmühle: Zusammen mit dem Hochwasser sollte der Frachter „Ideal Progress“ gestern nacht um 23.57 Uhr den Hamburger Hafen erreichen. Damit rechnete der Vorstandschef der Ölmühle, Arnd von Wissel, am Nachmittag. An Bord des Schiffes lagern 44.600 Tonnen Sojabohnen aus der neuen US-Ernte. Darunter möglicherweise auch Bohnen von genetisch veränderten Pflanzen.

Die Umweltorganisation Greenpeace wollte auf spektakuläre Behinderungsaktionen verzichten und die „Ideal Progress“ per Schiff in den Hafen begleiten. Mit Diaprojektionen auf die Bordwand des Frachters wollten die Umweltschützer dabei gegen die Ölmühle und das Gentech-Soja protestieren. Soja ist Bestandteil von rund 30.000 Lebensmitteln und befindet sich unter anderem in Margarine, Mayonnaise, Schokolade oder Fischkonserven.

Rund zwei Prozent der jetzt gelandeten Bohnen könnten von genmanipulierten Sojakeimen stammen, sagte von Wissel. Hundertprozentig sicher ist er nicht. „Wir wissen ja nicht einmal, aus welchen Regionen in den USA die Bohnen kommen.“ 160.000 Tonnen Soja verarbeitet die Ölmühle monatlich. Alle zehn Tage, bestätigte von Wissel, wird künftig ein Soja-Frachter aus den USA erwartet.

Ob die Ölmühle für diese Bohnen Abnehmer finden wird, ist fraglich. Jörg Naumann, Soja-Experte bei Greenpeace, prophezeite gestern: „Die Ölmühle Hamburg macht sich mit dieser Fracht den eigenen Markt kaputt.“ Tatsächlich verkündeten inzwischen bundesweit schon 38 Konzerne, daß sie auf keinen Fall Produkte aus genmanipulierten Bohnen herstellen oder mit solchen Produkten handeln werden, darunter die Babykosthersteller Milupa und Hipp, die Keksfirma Bahlsen, Deutschlands größter Süßwarenhersteller Ferrero, der weltweit größte Lebensmittelhersteller Nestle sowie der Kaufhauskonzern Karstadt. Der Hamburger Unilever-Konzern will völlig auf die Sojabohne verzichten und für Produkte wie die „Rama“-Margarine künftig Sonnenblumen- oder Rapsöl verwenden.

Die Hamburger Ölmühle bekommt den Trend bereits zu spüren. In Deutschland sei die Nachfrage nach Sojaöl rapide gesunken, sagt Arnd von Wissel. Sonnenblume und Raps seien im Kommen. Daß er je auf seinen Sojabohnen sitzen bleiben könnte, befürchtet er jedoch nicht. Immerhin ordert das Ausland kräftig. Allein 30.000 Tonnen Sojaöl gehen von der Ölmühle aus regelmäßig auf Tour nach China. Karin Flothmann