Trunkene Bilder des Eigensinns zum Jubiläum der Galerie Mönch

■ Die Berliner Künstlerin Elvira Bach vertreibt Otto Modersohn mit ihren Frauenbildern aus der Hansestadt

Jochen Mönch, Galerist an der Oberneulander Landstraße, weiß sich seit Sonntag umgeben von mehr als zwanzig prachtvollen Weibs-Bildern. Die Damen sind die neuesten Schöpfungen der Berliner Künstlerin Elvira Bach: kraftstrotzend, selbstbewußt und stolz schauen sie herunter auf ihre BetrachterInnen.

Für Jochen Mönch, und nicht nur für ihn, sind es „Erlebnisbilder, Bilder, die einfach Spaß machen“. Er lernte Elvira Bach vor 14 Jahren auf der Kasseler documenta kennen, wo sie als „Junge Wilde“ ihren künstlerischen Durchbruch hatte. 1992 konnte Mönch sie zum ersten Mal für eine Ausstellung in seiner Galerie verpflichten. Sie verlor ihre anfänglichen Vorbehalte gegenüber Bremen, freundete sich mit Mönch an und folgte dessen Bitte, den 15jährigen Geburtstag seiner Galerie gemeinsam zu feiern. Als humorvoller Dank des Galeristen grüßt, „Herzlich willkommen Elvira“, ein riesiges Lebkuchenherz die Künstlerin und ihre (Ab-)bilder im Raum.

Elvira Bach malt Frauen, immer wieder und fast ausschließlich. Frauen, wie sie selbst eine ist. Schon in dem Titel des 1978 gemalten Bildes „Immer ich“ dokumentiert sie die Bereitwilligkeit zu biografischem Arbeiten. Und tatsächlich sind ihre Werke eine Aneinanderreihung von Selbstporträts. Nicht im Sinne einer bloß oberflächlichen Spiegelung, vielmehr markieren sie die unaufhörliche und intensive Suche nach dem Ich. Es geht Elvira Bach um nicht weniger als ihr Leben. „Ich finde es gut, mich auszustellen ... zu zeigen, ich bin da ... als Mensch.“

Elvira Bach, die zuvor lange Zeit zwischen Bühne und Staffelei geschwankt hatte, verschrieb sich 1978 ganz der Malerei. Kurz darauf aber erschuf sich die erklärte Einzelgängerin eine Begleiterin, jene Frauengestalt, die bis heute Prototyp geblieben ist: lebensgroß, breitschultrig, elegant gekleidet, mondän wirkend, grell geschminkt, mit seitlich sichelförmig gebündelten Haaren, Pumps an den Füßen und langen krallenartigen Nägeln an den Fingern. Eine Abenteurerin der Jetztzeit, ausbrechend aus der Dressur des Alltags, gefährlich, zuweilen auch gefährdet, immer intensiv.

„Heute alles machen, was gemacht werden kann, so daß ich morgen sterben könnte, so möchte ich leben.“ So lautet das Lebensprinzip der Künstlerin. Ein anderes: „Lieber besoffen und aufgekratzt, als nüchtern und doof.“ Das Rotweinglas taucht dementsprechend häufig auf den Bildern auf. Lippenstifte und Herzen gehören ebenfalls zu den immer wiederkehrenden Accessoires. Elvira Bach versteht es zu schwelgen. Erdbeeren zum Beispiel hatten es ihr schon in der Kindheit angetan. Der süße Geschmack der roten Früchte verwandelt sich auf den Bildern in satte Sinnlichkeit. „Wenn ich nicht Elvira Bach wäre, wäre ich gern ein Erdbeerstilleben von Chardin.“

Die Bilder sind trunkene Vorschläge des Eigensinnes. Ihre Farbigkeit eröffnet den BetrachterInnen freie Räume. Ein Grund für ihren Erfolg, meint der Galerist. Selbst in Bremen, hat er erfahren, verscherbeln immer mehr KunstsammlerInnen ihren Paul Modersohn mit seinen düsteren Farben, um stattdessen ein Bild von Elvira Bach zu erstehen.

Und wem das Geld für die Anschaffung fehlt, der versucht halt zu kopieren. So wie die AusstatterInnen des Cafés im Übersee-Mueum, wo die Bach-Figuren als Stuhl-Dekorationen herhalten müssen.

Damit könne Elvira Bach leben, versichert Jochen Mönch. Und doch gibt es wahrhaft schönere Formen, der Künstlerin die Verehrung auszusprechen. Ein Beispiel dafür bot Rainer Schloesser (Radio Bremen) bei der Vernissage der Ausstellung am Sonntag:

„Diese Bilder“, meinte er, „wirken wie etwas lange Gesuchtes und glücklich Gefundenes. Denn plötzlich stellt man fest, daß es gar nicht einfach nur Frauen-Bilder sind, sondern Menschen-Bilder, Lebens-Bilder, gesättigt mit Hoffnung und Verzweiflung, Trauer und Liebe.“

dah

Die Ausstellung ist bis zum 22.12. zu sehen. Öffnungszeiten: sonntags von 16 bis 19 Uhr.