„Arbeitsteiliger Mord“

■ Landshut-Prozeß: Zwölf Jahre Haft für Souhaila Andrawes gefordert

Hamburg (taz) – Zwölf Jahre Freiheitsstrafe für Souhaila Andrawes hat die Bundesanwaltschaft (BAW) zum Abschluß ihres zweitägigen Plädoyers vor dem Oberlandesgericht Hamburg gefordert. Neben der Mittäterschaft an der Entführung der Lufthansa- Maschine „Landshut“ im Oktober 1977, der Geiselnahme und des erpresserischen Menschenraubs sah die BAW es als erwiesen an, daß Andrawes auch den Tod des Piloten Jürgen Schumann zu verantworten habe. Ebenso sollen ihr die Schüsse auf zwei Beamte der Sondereinsatztruppe GSG 9 so zugerechnet werden, als habe sie selbst sie abgefeuert.

Da Andrawes den Status der Kronzeugin habe, könne die Strafe milder als „lebenslänglich“ ausfallen. Alle vier EntführerInnen des palästinensischen „Kommandos Martyr Halimeh“ hätten einen gemeinsamen Tatentschluß gehabt, führte Bundesstaatsanwältin Renate Schulz zur Begründung aus. Vor der Hinrichtung Schumanns hätten sie miteinander beraten und den Mord dann „arbeitsteilig“ ausgeführt: Anführer Akacha habe Pilot Schumann in den Kopf geschossen, während Andrawes die Passagiere mit Handgranaten in Schach gehalten habe. Auch danach habe sie durch Äußerungen gegenüber einer Stewardeß den Mord gebilligt und dadurch den gemeinsamen Entschluß bekräftigt. Andrawes selbst hatte vor Gericht Akacha als alleinverantwortlich dargestellt.

Wie die Bundesanwaltschaft weiter feststellte, habe Andrawes, als die GSG-9-Beamten schließlich auf dem Flughafen von Mogadischu die „Landshut“ stürmten, keine Zeit mehr gehabt, auf diese zu schießen. Dennoch sei sie wegen zweifachen Mordversuchs zur Verantwortung zu ziehen: Unter den EntführerInnen wäre abgesprochen gewesen, sich bei einer Erstürmung der Maschine zu wehren – auch durch Schüsse, die dann von Akacha und wahrscheinlich dem zweiten männlichen Entführer abgegeben wurden. Mit der Entführung der „Landshut“ sollten inhaftierte RAF-Mitglieder freigepreßt werden. ee