„Gegen den Untergang des Abendlandes“

■ CDU lud Beamtenlobby zu einem „Hearing“ ein – und geriet an einen Steuerzahler

Der Hecht im Beamtenteich kam in Person des Vorsitzenden des Steuerzahlerbundes. Günter Brinker hatte böse Zahlen parat: 17 Milliarden Mark nimmt die Hauptstadt alljährlich an Steuern ein – und gibt das Geld für seine Beamten und Angestellten wieder aus. „Es kann doch nicht sein, daß allein das öffentliche Personal die gesamten Steuereinnahmen verbraucht“, empörte sich Brinker – und die CDU-Veranstaltung über das Berufsbeamtentum hatte endlich ihre Kontroverse.

Die beinahe komplett im Abgeordnetenhaus angetretene Staatsdienerlobby ließ keinen Zweifel aufkommen: Der voll alimentierte Lebenszeitbeamte muß bleiben. Selbst die von Kritikern als außerordentlich vorsichtig eingestuften Änderungen des Beamtengesetzes durch den Bundesinnenminister filetierten die Experten. Steuerzahler Brinker hingegen hielt dem grundgesetzlich garantierten Stand seine Vollkaskomentalität vor Augen. „Sie werden die Haushaltskrise alle spüren und mit Ihrem unverantwortlichen Reden aufhören“, sagte er.

Innenstaatssekretär Eike Lancelle konnte nicht anders, als das Brinkersche Motto „Beamte fressen Steuer auf“ zu bestätigen. „Das Verhältnis ist äußerst ungesund“, gestand Lancelle. Als Brinker nachsetzen wollte, drehte ihm Moderator Dieter Hapel (CDU) den Saft ab. Genug Widerspruch.

Bis dahin hatten sich die Staatsdienerlobby von der Kommunalgewerkschaft Komba, den Lehrer- und Polizistenverbänden sowie die organisierten Verwaltungsjuristen in gegenseitigem Bedanken gefallen. „Das tut wirklich gut“, schnurrte ein Lehrer, als Eike Lancelle die Beamten zum Retter des Abendlandes adelte: Nur das Berufsbeamtentum könne den allgemeinen Werteverlust auffangen, die verlorenen Tugenden wiederbringen. „Ich kann mir in meinem Weltbild keinen streikenden Lehrer vorstellen“, wehrte sich der Innenstaatssekretär gegen den Angestelltenstatus von PaukerInnen.

Die Pensionslasten freilich steigen unerbittlich. Zahlt der Stadtstaat 1996 noch 1,59 Milliarden Mark, sind es 2015 bereits 1,92 Milliarden, ein Plus von 20 Prozent. „Kein Problem“, atmete die Runde auf und ließ sich erläutern, wie man die geplanten Reformen vor Gericht hintertreiben kann. cif